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Wissenschaftlich beschäftigt sich die [[Thanatologie]] mit dem Bestattungswesen. In kleineren Orten und auf dem Lande wird das Bestattergewerbe auch noch vom ansässigen [[Tischler]] ausgeübt. In den Großstädten ist der Bestatter nicht selten zum ersten Ansprechpartner<ref>Klaus Dirschauer: ''Bestatter und Kirche''. In: ''Forum 1992. Bestattung und Kirche.'' Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Düsseldorf 1992, S. 16.</ref> der vom Tode betroffenen Angehörigen geworden.
 
Der ''Bestatter'' bringt einen Toten ''an seine Statt'', die letzte Stätte auf dem Friedhof. Dies ist eine verhüllende Redeweise für ''ins Grab legen''.<ref>Reiner Sörries: ''Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Wörterbuch zur Sepulkralkultur.'' Band 2. Haymarket Media Verlag, Braunschweig 2005, S. 4; ''bestatten.'' In: Kluge: ''Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.'' 23. Auflage. Berlin/ New York 1999, ISBN 3-11-016392-6, S. 102.</ref>
 
== Geschichte ==
Seit 2003 ist der Beruf des Bestatters in Deutschland ein anerkannter Lehrberuf mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren. Die historische Erforschung seines Berufsfeldes steht noch aus.
 
Das [[Bestattung]]swesen ist in der [[Antike]] durch eine Vielzahl arbeitsteiliger Berufe garantiert gewesen.<ref>Friedemann Merkel: ''Bestattung. Historisch.'' In: ''Theologische Realenzyklopädie.'' Band V, Walter de Gruyter, Berlin/ New York, 1980, S. 743–749; Reiner Sörries: ''Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Wörterbuch zur Sepulkralkultur.'' Band 1, Haymarket Media Verlag, Braunschweig 2005, S. 43.</ref> Auch wenn [[Jesus von Nazaret]] die Sorge für die Verstorbenen dem Einsatz für das [[Reich Gottes]] nachordnet,<ref>„Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes.“ {{Bibel|Lk|9|60|EU}}</ref> gehörte das Begraben der Toten in den christlichen Gemeinden bald zu den [[Werke der Barmherzigkeit|Werken der Barmherzigkeit]]. Es war Christenpflicht. Zunehmend bestimmte die Kirche die [[Kirchliche Begräbnisfeier|Bestattungskultur]] und den [[Liturgie|liturgischen]] Ablauf der Begräbnisgottesdienste. Bevorzugte Begräbnisplätze waren die [[Friedhof#Kirchhof|Kirchhöfe]] direkt um die Kirche, besonders hervorgehobene Grabstellen befanden sich in der Kirche.
 
Seit der Reformation regelten die Kirchenordnungen<ref>Barbara Happe: ''Der Tod gehört mir. Die Vielfalt der heutigen Bestattungskultur und ihre Ursprünge.'' Reimer Verlag, Berlin 2012, S. 34–49.</ref> der Landeskirchen das Begräbnis, das zu einer Pflicht der Nachbarn und Freunde innerhalb der Ständegesellschaft wurde. Der [[Protestantismus]] vollzog mit der De[[Heilig|sakralisierung]] des Friedhofs eine Säkularisierung des Bestattungswesens, das in der [[Franzosenzeit]] zu den ersten [[Kommunaler Friedhof|kommunalen Friedhöfen]] ohne Konfession führte.
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== Aufgabenfelder ==
[[Datei:WarenBestattungshaus 02.JPG|mini|Leichenwagen vor dem Bestattungs&shy;institut Wolgast in [[Waren (Müritz)|Waren]] (2013)]]
{{Hauptartikel|Bestattung}}
Das Aufgabenfeld des Bestatters sind zwei Bestattungsarten, die [[Erdbestattung]] (Beerdigung, Begräbnis) und die [[Feuerbestattung]] (Kremation von Leiche und Sarg, anschließend Beisetzung der Urne im Grab oder im [[Kolumbarium]], [[Seebestattung|See-Urnenbestattung]], [[Naturbestattung]]).
 
Die erste Phase reicht von der ersten Kontaktaufnahme des Bestatters im Todesfall bis zur Aufbahrung des Verstorbenen. Dazu gehören gegebenenfalls das Auffinden und Bergen und nach Ausstellen des [[Totenschein]]s durch den Arzt die Überführung des Toten aus der Wohnung, vom Senioren- oder Pflegeheim, aus dem Krankenhaus oder vom Unfallort in das Bestattungsinstitut. Dort schließen sich die [[hygienische Totenversorgung]], die Pflege des Leichnams und gegebenenfalls eine [[Thanatopraxie]] an. Nach der Entscheidung der Angehörigen über Einkleidung (eigene Kleidung oder Totenwäsche des Instituts), Wahl des [[Sarg]]es oder der [[Bestattungsurne|Überurne]] und der Dekoration (Sargschmuck, Blumengebinde, Kränze, Grüngewächse) erfolgen Einkleidung und Einbettung bzw. Einsargung der Leiche, die offene oder geschlossene Aufbahrung im Abschiedsraum des Instituts, in der [[Leichenhaus|Leichenhalle]] auf dem Friedhof oder in der Kirche mit einer entsprechenden Überführung. Zu den PflichtenAufgaben des Bestatters gehört – nach Absprache mit den Hinterbliebenen – die Kontaktaufnahme mit dem Standesamt wegen der Sterbeurkunde, mit dem Träger des Friedhofs wegen der Grabstelle, mit dem Geistlichen oder mit dem [[Trauerredner]] wegen der [[Bestattung#trfe|Trauerfeier]] und die Beauftragung der [[Todesanzeige]] in der Presse und die Veranlassung des Drucks von Trauerbrief, [[Totenzettel]] und [[Partezettel]]. Textvorschläge hält der Bestatter hierfür bereit und berät die Hinterbliebenen bei der Auswahl geeigneter Texte. Durch die Veröffentlichung des Todesfalles kann [[Kondolenz|kondoliert]] werden, und aus dem Todesfall wird ein persönlicher Trauerfall.<ref>Klaus Dirschauer: ''Herzliches Beileid. Ein kleiner Knigge für Trauerfälle.'' 2. Auflage. Claudius Verlag, München 2009, ISBN 978-3-532-62402-9.</ref>
 
Die zweite Phase ist die Trauer- und Beisetzungsphase selberselbst. Beim Trauergottesdienst oder der weltlichen Trauerfeier in der Kirche, auf dem Friedhof oder in den Räumlichkeiten des Bestatters wirken je nach Vereinbarung Geistliche oder [[Trauerredner]], Organisten oder andere Musiker mit. Es schließt sich die [[Grablege|Grablegung]] oder spätere Urnenbeisetzung an. Der Bestatter arrangiert den Schmuck der Räumlichkeiten und der Grabstelle, sorgt für Sargträger und den Transport von [[Trauerkranz|Trauerkränzen]] und stellt, wenn gewünscht, ein Kondolenzbuch und Blumen für den Abschied der Trauergäste am Grab bereit.<ref>Der Bundesverband des Bestattungsgewerbes hat das eigene Berufsbild in der Broschüre ''Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen.'' Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Düsseldorf 1986, dargestellt.</ref>
 
== Image ==
[[Datei:Bestattungshaus Carl Salm, Düsseldorf, zur Europameisterschaft 2024 (2a).jpg|mini|hochkant=1.35|Dekoration zur Fußball-Europameisterschaft 2024 im Bestattungshaus Carl Salm in [[Düsseldorf]] (gegründet 1845)]]
Das alte [[Image]] des Bestatters mit der [[Leichenbitter]]miene istgilt als nicht mehr zeitgemäß. Die Ambivalenz besteht darin, dass seine Dienstleistung in Anspruch genommen wird, man ihn selbst aber eher meidet. Wie der Arzt und der Pfarrer wird auch der Bestatter bei seiner Berufsausübung mit einem Übermaß von Gefühlen von Seiten betroffener Menschen konfrontiert.<ref>Johannes Dirschauer: ''Erinnern und Vergessen. Anmerkungen zum Verhältnis von Pfarrern und Bestattern''. In: ''Parcours der Jahre. 25 Jahre Ausbildungsreferat der Bremischen Evangelischen Kirche.'' Bremen 1998.</ref> Man spricht bei diesen Berufen auch von „Krisenagenten“.<ref>Yorick Spiegel: ''Der Prozeß des Trauerns. Analyse und Beratung.'' 8. Auflage. Christian Kaiser Verlag, München 1995, ISBN 3-579-05060-5, S. 126.</ref>
 
Das Ansehen des Bestatters in der Großstadt mit einer ausgesprochenen Wettbewerbssituation gegenüber anderen Anbietern ist ein anderes als das auf dem Lande oder in der Kleinstadt. Wo er seinem eigentlichen Beruf als Tischler, Gärtner oder Steinmetz nachgeht, tritt er nur als so genannter „Auch-Bestatter“ in Erscheinung.<ref>Paul Flora: ''Trauerflora.'' Diogenes Verlag, Zürich 1858; Ezzelino von Wedel: ''Im Falle eines Todesfalles''. In: ''Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen.'' Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Düsseldorf 1986, S. 31–44; Dagmar Hänel: ''Bestatter im 20. Jahrhundert. Zur kulturellen Bedeutung eines tabuisierten Berufs.'' Waxmann Verlag, Münster/ New York/ München/ Berlin 2003, S. 329&nbsp;ff.</ref> Der Bestatter versteht sich in der Regel jedoch nicht nur als Sarglieferant und Organisator von Leichentransport und Beisetzung, sondern agiert auch im emotionalen Bereich. Indem Bestatter ständig Angehörige bei der Formulierung von Todesanzeigen beraten, bestimmen sie kontinuierlich und wirkungsvoll mit, welche Vorstellungen in der Gesellschaft mit dem Tod verknüpft werden.<ref>Yorick Spiegel: ''Der Prozeß des Trauerns. Analyse und Beratung.'' 8. Auflage. Christian Kaiser Verlag, München 1995, ISBN 3-579-05060-5, S. 127.</ref>
 
Obgleich der Pfarrer bei der Amtshandlung einer kirchlichen Bestattung dem Bestatter regelmäßig auf dem Friedhof oder im Bestattungsinstitut begegnet, wurde der Bestatter von ihm lange Zeit überhaupt nicht persönlich wahrgenommen. Bis Ende der 1960er Jahre kam der Begriff „Bestatter“ in der gesamten praktisch-theologischen Literatur der Pfarrerausbildung überhaupt nicht vor, lediglich der der Bestattung, obwohl zu dem Zeitpunkt die Kirche im Bereich der Bestattungen noch dominierend war.<ref>Klaus Dirschauer: ''Der totgeschwiegene Tod. Theologische Aspekte der kirchlichen Bestattung.'' Schünemann Verlag, Bremen 1973, ISBN 3-7961-3040-2.</ref> Yorick Spiegel beobachtetbeobachtete eine Reihe von Rollenkonflikten zwischen Bestattern und Pfarrern, nicht zuletzt auch hervorgerufen durch das höhere Maß sozialer Anerkennung, das Pfarrer gegenüber Bestattern genießen.<ref>Yorick Spiegel: ''Der Prozeß des Trauerns. Analyse und Beratung.'' 8. Auflage. Christian Kaiser Verlag, München 1995, ISBN 3-579-05060-5, S. 127&nbsp;f.</ref><!--Unbelegt, bitte Belege nachreichen: Allerdings ist hierbei auch zu bedenken, dass der Beruf des Bestatters vor allem im ländlichen Raum erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg in seiner heutigen, professionellen Form entstand, zuvor wurden die anfallenden Aufgaben bei der Bestattung dort noch von Freunden und Nachbarn des Verstorbenen übernommen und lediglich der Sarg von einem Schreiner bezogen.-->
 
== Branchenstruktur ==
In Deutschland ist der Beruf des Bestatters frei und ungeregelt. Er kann ohne Ausbildung oder Prüfung ausgeübt werden. Erforderlich sind lediglich ein [[Gewerbeschein]] und die Beachtung des [[Bestattungsgesetz]]es, des [[Grabnutzungsrecht]]s sowie der geltenden [[Friedhofsrecht|Friedhofsordnungen]] der Kommunen und Kirchengemeinden als Träger von Friedhöfen. Seit 2003 gibt es den bundeseinheitlichen Ausbildungsberuf zur [[Bestattungsfachkraft]], seit 2005 das [[Bundesausbildungszentrum der Bestatter]] mit einem eigenen Lehrfriedhof in Münnerstadt in Unterfranken.
 
In Deutschland sind (Stand: 30. Juni 2012) 5.244 registrierte Bestattungsunternehmen mit einem Umsatz einschließlich der Friedhöfe und Krematorien von ca. 16 Milliarden Euro tätig.<ref>Dominic Akyel: ''Die ÖkonomiesierungÖkonomisierung der Pietät. Der Wandel des Bestattungsmarkts in Deutschland.'' Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 2013, S.&nbsp;73.</ref> Von diesen gehören 3.002 dem ''[[Bundesverband Deutscher Bestatter|Bundesverband Deutscher Bestatter e.&nbsp;V.]]'' an, einem Zusammenschluss der Landesverbände und Landesinnungen des Bestattungsgewerbes.<ref>Bundesverband Deutscher Bestatter e.&nbsp;V.: ''Bestatter vom Handwerk geprüft.'' Düsseldorf 2013.</ref> Der Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes gibt monatlich die Zeitschrift ''bestattungskultur., Dasdas Magazin des Bundesverbandes Deutscher Bestatter e.&nbsp;V.'' heraus.
 
== Literatur ==
* Oliver Wirthmann, Klaus Dirschauer (Hrsg.): ''Bestattung zwischen Tradition + Aufbruch. Beiträge zu Kultur, Recht und verbandlichen Perspektiven des 21. Jahrhunderts.'' Düsseldorf 2016, ISBN 978-3-936057-54-6.
* Dagmar Hänel: ''Bestatter im 20. Jahrhundert. Zur kulturellen Bedeutung eines tabuisierten Berufs.'' Waxmann, Münster / New York / München / Berlin 2003, ISBN 3-8309-1281-1.
* Dagmar Hänel: ''Letzte Reise. Vom Umgang mit dem Tod im Rheinland.'' Greven Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7743-0434-5.
* Michael Nüchtern, Stefan Schütze: ''Bestattungskultur im Wandel'' (= ''EZW-Texte'' 200). [[Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen]], Berlin 2008, {{DNB|991147758}}.
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* Christine Schlott: ''Bestatter in Leipzig. Ritualanbieter in säkularer Zeit.'' Thelem Verlag, Dresden 2011, ISBN 978-3-942411-45-5.
* Klaus Dirschauer: ''Mit Worten begraben: Traueransprachen entwerfen und gestalten.'' Donat Verlag, Bremen 2012, ISBN 978-3-943425-08-6.
* Dominic Akyel: ''Die OkonomisierungÖkonomisierung der Pietät. Der Wandel des Bestattungsmarkts in Deutschland.'' Campus Verlag Frankfurt am Main / New York 2013, ISBN 978-3-593-39878-5.
 
== Weblinks ==
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[[Kategorie:Friedhofsbewirtschaftung]]
[[Kategorie:Dienstleistungsberuf]]