„Neutralleiter“ – Versionsunterschied
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| colspan="2" | Aktuelle [[Niederspannungsnetz #Farbgebung|Farbkennzeichnung von Neutralleitern]]
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| Schweiz || [[Datei:Color wire light blue.svg|80px|Hellblau]] (bevorzugt)<br />[[Datei:Color wire blue.svg|80px|Blau]] (alternativ)
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| Kanada || [[Datei:Color wire white.svg|80px|Weiß]]
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| USA || [[Datei:Color wire white.svg|80px|Weiß]]<br />[[Datei:Color wire grey.svg|80px|Grau]]
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| Australien,<br />Neuseeland|| [[Datei:Color wire black.svg|80px|Schwarz]]
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Ein '''Neutralleiter''' ist im [[Niederspannungsnetz]] für [[elektrische Energie]] ein [[Leiter (Physik) #Elektrischer Leiter|Leiter]], der mit dem [[Sternschaltung|Neutralpunkt]] elektrisch verbunden und in der Lage ist, zur Verteilung elektrischer Energie beizutragen.<ref>In Deutschland: Definition gemäß DIN VDE 0100-200:2006-06 Abschnitt 826-14-07</ref>
== Kennzeichnung und Ausführung ==
Der Neutralleiter wird in der [[Europäische Union|Europäischen Union]] mit dem Buchstaben N bezeichnet.
Gemäß der in der Europäischen Union und in der [[Schweiz]] verwendeten Norm [[IEC 60446]] müssen Neutralleiter durch die Farbe Blau über ihre gesamte Länge gekennzeichnet sein; in der Schweiz wird gemäß [[NIN 2010]] hellblau bevorzugt.<ref>Auszug NIN 2010, 5.1.4.3.1.1: «''Neutralleiter oder Mittelleiter müssen durch die Farbe blau über ihre gesamte Länge gekennzeichnet sein''», mit der Anmerkung bei 5.1.4.3.1.6: «''In internationalen Dokumenten (IEC und CENELEC) ist für die Aderkennzeichnung von Neutralleitern die Farbe Blau (früher Hellblau) vorgesehen. Somit sind blau und hellblau für die Kennzeichnung von Neutralleitern zugelassen. In der Schweiz wird hellblau für die Kennzeichnung von Neutralleitern bevorzugt.''»</ref>
Die in vielen Ländern Europas verbreitete [[Schuko]][[steckdose]] vom Typ [[CEE-System|CEE 7/4]] ist [[Symmetrie (Geometrie)|symmetrisch]] und unterscheidet nicht die zwei stromführenden Leiter [[Außenleiter]] und Neutralleiter. Entgegen vielen Meinungen gibt es bei Steckdosen dieses Types keine Norm, welche die Position des Neutralleiters „links“ oder „rechts“ bei waagerecht angeordneten Steckbuchsen festlegt.<ref>Entgegen der früheren Praxis, bei waagerecht angeordneten Buchsen den Neutralleiter (von vorne gesehen) links anzuschließen, setzt sich immer mehr die Variante mit Neutralleiter „rechts“ durch.<br />Wird der Neutralleiter nämlich rechts angeschlossen, so ist bei der häufigen Benutzung „Winkelstecker mit nach unten zeigender Anschlussleitung“ die [[Kompatibilität (Technik)|Kompatibilität]] mit dem französischen System (Typ E; CEE 7/5) gegeben, für welches es in Frankreich eine verbindliche nationale Vorschrift für die Anschlussfolge gibt.</ref>
[[Datei:Socket SN 441011 T13 Polarization.svg|mini|[[Polarität (Physik)|Polung]] der T13-Steckdose nach SN 441011 bei Betrachtung von vorne.<br />Blau (links): Neutralleiter<br />Grün-gelb (Mitte): Schutzleiter<br />Braun (rechts): Außenleiter]]
Bei anderen Steckdosen, beispielsweise bei den in der Schweiz verwendeten Dosen nach der Norm [[SN 441011]], ist die Belegung festgelegt. Eine [[Erdung]] angeschlossener Geräte erfolgt ausschließlich über den [[Schutzleiter]] (PE). Dort ist der Neutralleiter der T13-Steckdose vom Betrachter aus gesehen links und der Schutzleiter mittig unten.
== Grundlagen ==
In Deutschland ist gemäß Definition in DIN VDE 0100-200 (Abschnitt 826-12-08) der Neutralleiter ein aktiver Leiter wie auch die Außenleiter und dafür vorgesehen, im regulären Betrieb [[Elektrischer Strom|Strom]] zu führen. In Verbraucheranlagen auf Basis von [[TN-C]]- und [[TN-C-S]]-Systemen gilt der Neutralleiter als [[niederohmig]] [[Erdung|geerdet]], wenn in keinem Fall die jeweils zulässige [[Berührungsspannung]] zwischen Neutralleiter und [[Schutzleiter]] überschritten wird,<ref>DIN VDE 0100-460:2002-08 Abschnitt 461.2</ref> er „braucht“ daher nicht (gemeinsam mit den Außenleitern) getrennt zu werden.
Dagegen wird der Neutralleiter in Belgien, Frankreich, Norwegen, Portugal, der Schweiz und Spanien ''nicht'' als zuverlässig geerdet mit geeignet niedrigem [[Elektrischer Widerstand|Widerstand]] betrachtet.
Betriebszustände:
[[Kategorie:Elektrotechnik]]▼
* Im [[Dreiphasenwechselstrom]]netz hebt sich der [[Neutralleiterstrom|Strom im Neutralleiter]] auf, wenn in allen drei Außenleitern Ströme gleicher [[Stromstärke]], gleicher [[Phasenverschiebung #Elektrotechnik|Phasenverschiebung]] und ohne [[Oberschwingung]]s<nowiki/>anteil fließen.
* Bei ungleichen ''Strömen'' in den Außenleitern fließt im Neutralleiter ein Strom, der die [[Asymmetrie]] ausgleicht und unter obigen Bedingungen maximal den Strom des am stärksten belasteten Außenleiters erreicht.
* Bei unterschiedlicher ''Phasenverschiebung'' der Ströme in den Außenleitern, bzw. bei Oberschwingungen (speziell der 3. Ordnung, siehe [[#Spezielles]]) zusätzlich zur [[Grundfrequenz]], kann der Strom im Neutralleiter den Strom des am stärksten belasteten Außenleiters wesentlich übertreffen.
== Historische Entwicklung in Deutschland ==
In Deutschland gab es in den alten VDE-Vorschriften keinen Neutralleiter. Noch im Jahr 1958 wurde dort ausschließlich das Prinzip der [[Nullung]] angewendet. Der geerdete Mittel-Leiter wurde als Nulleiter (damalige Schreibweise) bezeichnet. Er vereinigte in sich die Funktionen des Neutral- und des [[Schutzleiter]]s, entsprach also in seiner Funktion dem heutigen [[PEN-Leiter]]. Er wurde mit der Farbe Hellgrau gekennzeichnet.<ref>VDE 0100/11.58 „Beschaffenheit und Verlegung von Leitungen“ § 19<br />Leitungen (isolierte und umhüllte Leitungen, Kabel) Kennzeichnung von Adern:<br />
''Wird eine Ader als Nulleiter<!-- damalige Schreibweise! --> benutzt, so ist die hellgraue dafür zu verwenden. Wird bei Leitungen für ortsveränderliche Stromverbraucher eine Ader als Schutzleiter benutzt, so ist die rote dafür zu verwenden.''</ref>
Seit 1965 gibt es den Begriff '''Mittelleiter''', der erstmals funktional dem heutigen Neutralleiter entsprach und in der Farbe Hellblau verdrahtet wurde.<ref>VDE 0100/12.65, § 10N, b 8.1 ''Hellblau: für den Mittelleiter.'' (bzw. auch in § 3c 2.)</ref>
Gleichzeitig wurde die grün/gelbe Kennzeichnung für den Schutzleiter eingeführt, der damals noch zulässige Nulleiter<!-- damalige Schreibweise! --> wurde in der Farbgebung von Hellgrau auf Grün/Gelb geändert.<ref>VDE 0100/12.65, § 10N, b 9.1 für den Schutzleiter, § 10N, b 8.1 für den Nullleiter</ref>
Im Jahr 1973 wurde die „klassische Nullung“ unterbunden<ref>VDE 0100/5.73 § 10 a)<br />(2.2.) bei der Nullung ist ein Querschnitt von mindestens 10 mm² [[Kupfer|Cu]] anzuwenden; (2.1.) für kleinere Querschnitte ist der „besondere Schutzleiter“ (der Vorläufer des heutigen PE) zusätzlich zum Mittelleiter zu verlegen.</ref>, im Juni 1975 wurde der Nulleiter<!-- damalige Schreibweise! --> verbindlich in PEN umbenannt.<ref>Der Antrag CENELEC 64A(CH)101/73 der Schweiz vom Oktober 1973 wurde bei der Konferenz am 26. Juni 1975 in Ankara vom TC 64-Komitee angenommen (und damit ein über 50 Jahre hinweg genutzter Begriff eliminiert, der 40 Jahre nach Umbenennung noch immer regelmäßig falsch angewendet wird).</ref>
Die Drahtfarben von 1965 blieben bis 2003 unverändert. Die aktuelle Drahtfarbe '''Blau''' (anstatt Hellblau) für den Neutralleiter wurde mit der DIN VDE 0293-308:2003-01 eingeführt.<ref>DIN VDE 0293-308:2003-011 Abschnitt 3.2
''Für einadrige Kabel/Leitungen, die Neutralleiterfunktionen erfüllen, wird zur Kennzeichnung die Farbe Blau verwendet.''<br />
DIN VDE 0100-510:2011-03 Abschnitt 514.3.1.Z1 ''Neutralleiter oder Mittelleiter müssen über ihre gesamte Länge durch die Farbe Blau gekennzeichnet sein.''</ref><br />
Klassische PEN-Systeme findet man in Kunden[[Elektroinstallation|installationen]] in Deutschland, die vor dem 31. März 1974 fertiggestellt wurden (in den neuen Bundesländern bis 1990), sowie nach aktueller Norm nur im [[Stromnetz #Verteilung|Verteilnetz]] der [[Verteilnetzbetreiber|Netzbetreiber]] und für besondere Anwendungen. Die Aufteilung von PEN in den PE- und N-Leiter erfolgt heute unmittelbar an der Übergabe vom Netzbetreiber in die Kundenanlage im [[Hausanschlusskasten]].
Der Begriff „Neutralleiter“ wurde erstmals 1983 in der VDE genannt.<ref>DIN VDE 0100-410:1983-11 und DIN VDE 0100-540:1983-11, erstmals spezifiziert in DIN VDE 0100-200:1998-06 im Abschnitt 2.1.3 (12/88 als Entwurf veröffentlicht)</ref>
Der Neutralleiter wird auch heute oftmals noch unzutreffend als Nullleiter bezeichnet, fälschlich wird als frühere Drahtfarbe auch „Grau“ angegeben, es handelt sich aber in beiden Fällen um einen Leiter, der heute dem PEN-Leiter entspricht.
== Neutralleiter-Unterbrechung ==
[[Datei:Neutralleiter unterbrechung.png|mini|[[Überspannung (Elektrotechnik)|Überspannung]] an ohmschen [[Elektrischer Verbraucher|Verbrauchern]] bei Unterbrechung des Neutralleiters bei Dreiphasenwechselstrom]]
In einem mehrphasigen Netz, z. B. einem Dreiphasenwechselstromnetz, bilden im Falle einer Unterbrechung des Neutralleiters („Neutralleiterabriss“) die Widerstände der [[Verbrauchsmittel]] an den einzelnen Außenleitern einen [[Spannungsteiler]], wodurch sich das [[Elektrisches Potential|Potential]] des nun „freien“ oder „schwebenden“ [[Sternpunkt #Sternschaltung mit 230 V Dreiphasenwechselstrom|Sternpunkts]] bei asymmetrischer Belastung der Außenleiter verschieben kann ([[Sternpunktverschiebung]]). Diese ungleiche Lastaufteilung wird als [[Schieflast]] bezeichnet. So kann bei stark ungleichen Strömen in den Außenleitern die Spannung zwischen dem am geringsten belasteten Außenleiter und dem Sternpunkt nahezu auf die Spannung zwischen zwei Außenleitern steigen. Das kann zu [[Überspannung (Elektrotechnik)|Überspannungs]]<nowiki/>schäden führen.
Gemäß aktuellen Normen in Deutschland braucht der Neutralleiter nicht geschaltet zu werden. Der Neutralleiter darf aber unter keinen Umständen alleine geschaltet werden, sondern immer nur gemeinsam mit allen aktiven Leitern eines [[Stromkreis]]es und nur mit normgerechten Geräten (mit gekennzeichneten N-[[Klemme (Elektrotechnik)|Klemmen]]). Eine schaltungsbedingte Neutralleiterunterbrechung ist somit ausgeschlossen.
== Spezielles ==
Im Gegensatz zu den Strömen der Grundschwingung heben sich die Ströme der durch drei teilbaren [[Harmonische]]n im Neutralleiter ''nicht'' auf, sondern addieren sich. Dies betrifft bei der in Europa üblichen [[Netzfrequenz]] von 50 [[Hertz (Einheit)|Hz]] insbesondere die dritte Harmonische mit 150 Hz und die neunte Harmonische mit 450 Hz – [[geradzahlig]]e harmonische Oberschwingungen spielen, so kein [[Gleichanteil]] vorhanden ist, keine Rolle. Dadurch besteht die Gefahr, dass in Anlagen mit mehreren Geräten, welche keine oder zu geringe [[Leistungsfaktorkorrektur]] aufweisen, der Neutralleiterstrom über den zulässigen Grenzen liegt, während die einzelnen Außenleiter ihren Maximalstrom, auf welchen die [[Überstromschutzeinrichtung|Absicherung]] dimensioniert ist, noch nicht erreicht haben. Neuere Normen tragen diesem Umstand Rechnung und enthalten Belastungstabellen für die gängigen Referenzverlegearten mit Spalten für unterschiedliche Oberschwingungsanteile der dritten Oberschwingung der Außenleiterströme.<ref>DIN VDE 100-520 Beiblatt 3:2012-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Teil 520: Kabel- und Leitungsanlagen – Beiblatt 3: ''Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen in 3-phasigen Verteilungsstromkreisen bei Lastströmen mit Oberschwingungsanteilen.'' Mit Spalten für 15 … 33 %, 33 … 45 % und > 35 % (gerechnet mit 60 %)</ref>
Gemäß einschlägiger nationaler Normen<ref>VDE 0100-460 Abschnitt 465.1.2; VDE 0100-550 Abschnitt 5; ÖVE E8001-2-31 Abschnitt 31.8.1; NIN (Schweiz) Abschnitt 5.3.0.2</ref> dürfen im Neutralleiter keine einpoligen [[Schaltgerät]]e eingesetzt werden, bzw. müssen einpolige [[Wechselschalter]] im (selben) Außenleiter angeschlossen sein (was einen Einsatz im Neutralleiter ausschließt).
== Normen ==
* DIN VDE 0100-100:2009-06; Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 1: Allgemeine Grundsätze, Bestimmungen allgemeiner Merkmale, Begriffe
* DIN VDE 0100-200:2006-06; Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 200: Begriffe
* DIN VDE 0100-510:2011-03; Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-51: Auswahl und Errichtung elektrischer [[Betriebsmittel (Elektrotechnik)|Betriebsmittel]] – Allgemeine Bestimmungen
* DIN VDE 0293-308:2003-01; Kennzeichnung der Adern von Kabeln/Leitungen und flexiblen Leitungen durch Farben
== Literatur ==
* {{Literatur
|Autor=Wilhelm Rudolph
|Titel=Einführung in DIN VDE 0100, Elektrische Anlagen von Gebäuden
|Band=39
|Auflage=2.
|Verlag=VDE Verlag
|Ort=Berlin und Offenbach
|Datum=1999
|ISBN=3-8007-1928-2
|Kommentar=VDE Schriftenreihe}}
== Einzelnachweise ==
<references />
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