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'''Werner Haftmann''' (* [[28. April]] [[1912]] in [[GłownoGłówna (Pobiedziska)|Glowno]], [[WeichsellandProvinz Posen]]<ref>Werner Haftmann (Hrsg.): ''Die Neue Nationalgalerie.'' Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, [[RussischesBerlin Kaiserreich]]1969, S. 26.</ref>; † [[28. Juli]] [[1999]] in [[Gmund am Tegernsee]]) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Kunsthistoriker]]. Er war zusammen mit [[Arnold Bode]] künstlerischer Leiter der ersten drei Ausgaben der [[documenta]] in Kassel (1955 bis 1964) und von 1967 bis 1974 Direktor der [[Nationalgalerie (Berlin)|Nationalgalerie]] in [[West-Berlin]].
 
== Leben ==
=== Studium und erste Berufsjahre ===
[[Datei:Dr. Werner Haftmann b. 1912-04-08 in Glowno NSDAP membership card no. 4457013 BArch R 9361 - IX KARTEI - 13020147.png|mini|NSDAP-MitgliedskarteKarteikarte im [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchiv]]]]
Nach dem Studium in [[Humboldt-Universität Berlin|Berlin]] und [[Universität Göttingen|Göttingen]], wo er 1936 über das italienische Säulenmonument promoviert wurde, war er Assistent am [[Kunsthistorisches Institut in Florenz|Kunsthistorischen Institut in Florenz]] und hatte dort neben seiner Beschäftigung mit der italienischen Kunst der [[Renaissance]] auch die Gelegenheit, in Kontakt mit der Kunst der Klassischen [[Moderne]] zu bleiben. Haftmann war laut Angabe auf seiner Studienkarte der Friedrich-Wilhelms-Universität seit 3. November 1933 im Dienstgrad einesals SA-Mannes (Eintritt in die SA 1933)Mann<ref>{{Literatur |Autor=Vincenza Benedettino |Titel=Werner Haftmann as the Director of the Neue Nationalgalerie in Berlin (1967–1974): Survey of the Curatorial Concept in the West German National Modern Art Gallery during the Cold War |Sammelwerk=Actual Problems of Theory and History of Art |Band=10 |Datum=2020 |DOI=10.18688/aa200-5-66 |Seiten=692–702; hier 693 |Online=https://actual-art.spbu.ru/en/publications/archive/vol-10/challenges-in-displaying-modern-and-contemporary-art-collections/10838.html |Abruf=2021-09-07}}</ref> organisierttätig. undEr tratbeantragte deram 28. Juni 1937 die Aufnahme in die [[NSDAP]] und wurde zum 1. Oktober 1937desselben unterJahres deraufgenommen ([[Liste von NSDAP-Parteimitgliedsnummern|Mitgliedsnummer]] 4.457.013 bei),<ref>Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/13020147</ref> wie erst im Oktober 2019 auf einer Tagung des [[Deutsches Historisches Museum|Deutschen Historischen Museums]] bekannt wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Arend |url=https://www.dw.com/de/braune-schatten-über-der-documenta-in-kassel/a-52463373 |titel=Braune Schatten über der documenta in Kassel |werk=[[Deutsche Welle|dw.com]] |datum=2020-02-23 |abruf=2020-03-01}}</ref><ref>[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunsthistoriker-documenta-berater-und-langjaehrige-direktor-der-berliner-nationalgalerie-werner-haftmann-in-nationalsozialismus-verstrickt-16615552.html ''Braun, abstrakt''] von Stefan Trinks in das [[FAZ]] am 4. Februar 2020, zuletzt abgerufen am 13. Juni 2021.</ref><ref>[https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-scala-aktuelle-kultur/audio-kunsthistoriker-werner-haftmann-hat-ns-vergangenheit-100.html ''Kunsthistoriker Werner Haftmann hat NS-Vergangenheit''], Dokumentation des [[WDR]] vom 8. Juni 2021, zuletzt abgerufen am 13. Juni 2021.</ref><ref>''Mord und Moderne'', Interview mit [[Raphael Gross]] in der [[Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung]] am 13. Juni 2021.</ref><ref>Ingo Arend: ''Die Trümmer eines Mythos. Tagung zum umstrittenen Documenta-Kurator Haftmann''. Bericht. Süddeutsche Zeitung, 14. Juni 2021, S. 12</ref> Anlässlich seiner Überlegung, eine Assistentenstelle in Wien bei [[Hans Sedlmayr]] zu bekommen, wurde er 1939 von [[Friedrich Kriegbaum]], dem Direktor des Florentiner Instituts, als linientreuer [[Nationalsozialist]], [[Sturmabteilung|SA-Mann]] und Parteianwärter angepriesen.<ref> Hans H. Aurenhammer: ''Hans Sedlmayr und die Kunstgeschichte an der Universität Wien 1938–1945.'' In: ''Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft.'' Band 5: ''Kunstgeschichte an den Universitäten im Nationalsozialismus.'' Hrsg. von [[Jutta Held]] und [[Martin Papenbrock]]. Göttingen 2003, S. 167.</ref> Haftmann trat die Stelle dann nicht an, um freischaffend tätig zu sein.
 
Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] war er [[Wehrmacht|Soldat]]. Er fungierte von Juli 1940 bis Januar 1941 als Sekretär und Dolmetscher bei der deutschen Verbindungsdelegation zur italienischen Waffenstillstandskommission mit Frankreich in [[Turin]], anschließend bis 1944 als [[Verbindungsoffizier]]. Im Januar 1944 wurde Haftmann zum [[XIV. Panzerkorps (Wehrmacht)|XIV. Panzerkorps]] der Wehrmacht versetzt und war dort wegen seiner guten Italienischkenntnisse als [[Dritter Generalstabsoffizier|Ic]] für Feindaufklärung und [[Spionageabwehr]] zuständig. Damit gehörte die Bekämpfung von Partisanen zu seinen Aufgaben. Ein von Haftmann unterschriebenes Vernehmungsprotokoll legt nah, dass er an der Folterung von Partisanen beteiligt war.<ref>[[Carlo Gentile]]: ''Der Krieg des Dr. Haftmann. Der Kunsthistoriker Werner Haftmann folterte für das NS-Regime''. In: Süddeutsche Zeitung, 7. Juni 2021, S. 9, [https://www.sueddeutsche.de/kultur/werner-haftmann-nachkriegszeit-1.5314056 PDF]</ref><ref>{{Internetquelle|autor=Alexander Cammann|url=https://www.zeit.de/2021/24/werner-haftmann-documenta-nsdap-folter-zweiter-weltkrieg|titel= Auf Partisanenjagd durch die Toskana|werk= [[zeit.de]]|datum=2021-06-10|abruf=2022-05-26}}</ref><ref>{{YouTube|a-jRA7Gzh1c|Carlo Gentile über die Rolle von Werner Haftmann im Zweiten Weltkrieg - documenta. Politik und Kunst; Deutsches Historisches Museum (Juni 2021)}}</ref> Im Mai 1945 in [[Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges#Kriegsgefangene der Achse im Gewahrsam der Westmächte|Kriegsgefangenschaft]] geraten, wurde er 1946 entlassen und zog nach [[Bremen]].<ref>[http://werner-haftmann.de/biografie/lebensbeschreibung/ ''Lebenslauf.''] 1940–1946: Kriegsdienst und Gefangenschaft. In: ''werner-haftmann.de,'' abgerufen am 1. März 2020.</ref>
 
=== Nach 1945 ===
Seit 1950 war er Dozent an der [[Hochschule für bildende Künste Hamburg]] und veröffentlichte 1954 ein Standardwerk zur ''Malerei im 20. Jahrhundert''. 1955, 1959 und 1964 war er unter der organisatorischen Leitung im [[Club 53 (Kassel)|Club 53]] [[Arnold Bode]]s für die kunsthistorische Oberleitung und Thesenfindung der [[documenta I]], [[documenta II]] und [[documenta III]] verantwortlich. Hier wurde zum ersten Mal ein Überblick über die [[Klassische Moderne]] und die aufkommende [[Pop Art]] (1964) gegeben. Heftige Kontroversen während der Vorbereitungen zur 4. documenta führten zum Rücktritt Haftmanns.
 
Die Recherchen anlässlich der Ausstellung zur Geschichte der documenta im Deutschen Historischen Museum in Berlin 2021 ergaben, dass Haftmann zwar Künstler auswählte, die von den Nationalsozialisten diffamiert und verfolgt worden waren, dass er aber zugleich jüdische Künstler anscheinend bewusst unberücksichtigt ließ.<ref>{{Internetquelle| autor= |url=https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/ttt-20062021-ausstellung-documenta-video-100.html|titel=Video: Wie mit Kunst Politik gemacht wurde - Ausstellung über die Documenta|werk=[[ttt – titel, thesen, temperamente]]|datum=2021-06-20|sprache=de|abruf=2021-06-25}}</ref>
 
1967 wurde er erster Direktor der [[Neue Nationalgalerie|Neuen Nationalgalerie]] in Berlin, die ein Jahr später in den Neubau von [[Mies van der Rohe]] einzog. Haftmann ging daran, aus den beiden Rumpfsammlungen der Nationalgalerie und der ''Galerie des 20. Jahrhunderts'' eine geschlossene Sammlung zu machen. Diese sollte an die berühmte [[Neue Abteilung der Nationalgalerie Berlin im Kronprinzenpalais|Neue Abteilung im Kronprinzenpalais]] anknüpfen, die ab 1919 von [[Ludwig Justi]] aufgebaut und 1937 durch die Aktion [[Entartete Kunst]] zerstört worden war. In den Bau zogen zunächst alle Werke der Nationalgalerie (West) und die der städtischen ''Galerie des 20. Jahrhunderts''. Der [[Budget|Ankaufetat]] der Neuen Nationalgalerie war von Anfang an eher gering. Ende der 60er1960er betrug er etwa 200.000&nbsp;[[Deutsche Mark|DM]]. Viele Bilder konnten aber mit Hilfe der [[Stiftung Deutsche Klassenlotterie]] und ab 1977 durch die Unterstützung der ''Freunde der Nationalgalerie'' erworben werden.

Die Museumskonzeption und die Ankaufspolitik waren auch jetzt oft von heftiger öffentlicher Anteilnahme geprägt. Haftmann gelang es, der immer noch rudimentären Sammlung eine profilierte Kontur zu geben und sie in einen internationalen Kontext zu stellen. Nach 1968 gab es trotzdem schwere Auseinandersetzungen, als sich Haftmann gegen grenzüberschreitende [[Happening]]s und [[Installation (Kunst)|Installationen]] wandte. In der aufgeheizten Lage wurden die Glasscheiben des Mies-Baus teilweise eingeschlagen und sogar zerschossen. Im Oktober 1974 legte Haftmann aus gesundheitlichen Gründen seine Ämter nieder, publizierte aber weiterhin maßgebliche Bücher und Essays zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts.
 
1965 wurde Haftmann mit der [[Goethe-Plakette (Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst)|Goethe-Plakette]] des Landes Hessen ausgezeichnet. Seit 1970 war er auch Mitglied der [[Akademie der Künste (Berlin)|Akademie der Künste]] in Berlin.
 
Von 1967 bis 1970 war Werner Haftmann mit der Galeristin [[Roswitha Haftmann|Roswitha Viollet]] verheiratet. 1987 heiratete er die Kunsthistorikerin Evelyn Gutbrod (* 1952).<ref>Siehe {{GND|172119847}}.</ref>
 
Er wurde auf dem Friedhof von Waakirchen am Tegernsee beigesetzt<ref>{{Internetquelle |url=http://werner-haftmann.de/biografie/lebensbeschreibung/ |titel=Lebensbeschreibung |abruf=2024-10-22}}</ref>.
 
== Ehrungen ==
* 1973: [[Bundesverdienstkreuz 1. Klasse]]
* 1974: [[Ernst-Reuter-Plakette]] des Landes Berlin
* 1991: [[Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst]]
 
== Schriften (Auswahl) ==
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* [http://werner-haftmann.de/ Website zu Werner Haftmann], erstellt durch Evelyn Haftmann
* {{Munzinger|00000008891|Werner Haftmann}}
* [[Heinz Bude]] und [[Karin Wieland]]: [https://www.zeit.de/2021/11/werner-haftmann-documenta-nsdap-sa-kunsthistorik/komplettansicht ''Kompromisslos und gewaltbereit.'']. In: ''[[Die Zeit]],'' Nr. 11, 11. März 2021.
* {{Internetquelle |autor=Brigitte Kleine|url=https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/ttt-20062021-ausstellung-documenta-102.html |titel=Wie mit Kunst Politik gemacht wurde - Ausstellung über die Documenta im Spiegel der Geschichte|werk=[[daserste.de]]|datum=2021-06-20 |abruf=2021-06-21}}
 
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{{Navigationsleiste Künstlerische Leiter der documenta}}
 
{{Normdaten|TYP=p|GND=116370793|LCCN=n/50/19429n50019429|NDL=00442134|VIAF=73854499}}
 
{{SORTIERUNG:Haftmann, Werner}}
[[Kategorie:Kunsthistoriker]]
[[Kategorie:Museumsleiter (Deutschland)]]
[[Kategorie:Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Nationalgalerie Berlin]]
[[Kategorie:Documenta]]
[[Kategorie:Sachbuchautor (Kunst)]]
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|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Kunsthistoriker
|GEBURTSDATUM=28. April 1912
|GEBURTSORT=[[GłownoGłówna (Pobiedziska)|Glowno]], [[Weichselland]], [[RussischesProvinz KaiserreichPosen]]
|STERBEDATUM=28. Juli 1999
|STERBEORT=[[Gmund am Tegernsee]]