„Analytische Chemie“ – Versionsunterschied
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Die '''Analytische Chemie''' beschäftigt sich als Teilgebiet der [[Chemie]] mit der
Sie spielt in fast allen chemischen Teildisziplinen eine bedeutende Rolle, z. B. bei:
* der Lebensmittel- und [[Umweltanalytik]]
* der [[forensisch]]en Analytik (z. B. bei der gerichtsfesten Bestimmung von [[Ethanol|Alkohol]], [[Drogen]] oder [[Gift]]en in [[Blut]] und [[Urin]])
* [[Schwangerschaftstest]]s (durch [[Nachweisreaktion|Nachweise]] eines [[Steroidhormon]]s in Urin)
* der Bestimmung von [[Glucose]] im Blut
* dem großen Feld der [[Klinische Chemie|klinisch-chemischen]] Analytik (z. B. von [[Stoffwechsel]]<nowiki></nowiki>parametern oder [[Tumormarker]]n)
* der [[Qualitätskontrolle]] von Industrieprodukten, z. B. von [[Metall]]en, [[Legierung]]en, [[Arzneimittel|Pharmazeutika]] und chemischen Produkten
* [[Schadstoff]]<nowiki></nowiki>analysen
** direkt an [[Arbeitsplatz|Arbeitsplätzen]] (z. B. von [[Lösungsmittel]]n, Acrylester, [[Chlor]])
** von [[Sauerstoff]] (mit Hilfe der [[Lambda-Sonde]]), [[Schwefeldioxid]] oder [[Stickoxid]]en in Auto[[abgas]]en
* der Analyse von Meeres- und [[Oberflächengewässer]]n.
== Methoden ==
Die wohl wichtigste Unterscheidung ist die zwischen [[Qualitative Analyse|qualitativer Analyse]], [[Quantitative Analyse|quantitativer Analyse]] und [[Strukturanalytik]]:
* Die ''qualitative Analyse'' fragt nach dem ''Was'' im Sinne von
* Die ''quantitative Analyse'' fragt dagegen nach dem ''Wie viel'', d. h. danach, welche Menge eines Stoffes (des [[Analyt]]en) in einem Gemisch (der Probe) vorhanden ist.<br />Was „wie viel“ genau bedeuten soll, ist übrigens gar nicht so trivial. Meist ist hier die [[Stoffmengenkonzentration]] gemeint, also die Anzahl Moleküle einer Substanz in der Probe. Dort, wo keine einzelnen Moleküle bestimmt werden sollen, wie z. B. bei der Bestimmung des gesamten Gehalts an Protein oder Fett wird eine Massenkonzentration angegeben.
* Die ''Strukturanalyse'' fragt nach dem molekularen Aufbau einer Substanz (der [[Chemische Struktur|chemischen Strukturformel]] oder der [[Kristallstruktur]])
Für die Analyse sollte die zu bestimmende Substanz idealerweise bekannt sein, sonst wird möglicherweise gar nicht nach ihr gesucht. Beispielsweise wurde [[Melamin]] (das in den Jahren um 2008 in China und Indien der Milch zugesetzt wurde, um den Stickstoffgehalt zu erhöhen und so bei der [[Kjeldahlsche Stickstoffbestimmung|Kjeldahlschen Stickstoffbestimmung]] einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen; siehe dazu [[Chinesischer Milchskandal]]) in Milch nie gesucht und deswegen bei Routineuntersuchungen nicht gefunden. Erst durch eine Kombination aus HPLC und Massenspektrometrie wurde eine verlässliche Analytik möglich. [[Weichmacher]] in Teichwasser (siehe dazu [[Folienteich#Polyvinylchlorid (PVC)]]) werden nicht gefunden, wenn sie in [[Wasseranalyse]]n standardmäßig nicht gesucht werden.
Qualitative und quantitative Analytik werden oft aufeinander aufbauend durchgeführt: Für die quantitative Analyse sollte die zu bestimmende Substanz idealerweise bekannt sein. Voraussetzung für eine qualitative Analyse ist eine genügend große Menge Analyt in der Probe, abhängig von der [[Nachweisgrenze]] der verwendeten Methode. Eine Sonderstellung nimmt die Strukturbestimmung ein. Mit dem Aufkommen moderner Kopplungsmethoden (s. u.) werden aber Struktur-bestimmende Analyseverfahren auch in der qualitativen und quantitativen Analytik immer wichtiger.▼
▲Qualitative und quantitative Analytik werden oft aufeinander aufbauend durchgeführt
Neben der Bestimmung einzelner Stoffe eines Gemischs werden oftmals Summenparameter bestimmt – insbesondere wenn es um schnelle Grundaussagen über eine Probe geht. Beispiele sind der [[Gesamter organischer Kohlenstoff|TOC]] (Total Organic Carbon, ein Maß für den Gesamtgehalt organischer Verbindungen), der [[Chemischer Sauerstoffbedarf|CSB]] (Chemischer Sauerstoffbedarf als Maß für die Gesamtmenge an oxidierbaren Substanzen)
In der Polymeranalytik ist speziell die Molekulargewichtsverteilung der [[Polymer]]e von Interesse, da Polymere niemals aus Molekülen gleicher Molekülmasse bestehen, sondern um einen statistischen Mittelwert verteilt sind; diese mittlere Molekülgröße beziehungsweise die Molekulargewichtsverteilung sind hier spezifische Eigenschaften des Polymers.
Schließlich gibt es noch die verschiedenen Verfahren der Oberflächenanalytik.
== Nass-chemische Analysemethoden ==
Die nass-chemische Analytik bedient sich bei der Identifikation und Quantifizierung
Beispiele für qualitative Methoden sind:
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{{Hauptartikel|Instrumentelle Analytik}}
* ''[[Spektroskopie]]''<br />Hier wird die Wellenlängen-abhängige Absorption oder Emission von elektromagnetischer Strahlung benutzt, die für den jeweiligen Analyten charakteristisch ist. Elektromagnetische Strahlung kann dabei sichtbares oder UV-Licht sein ([[UV/VIS-Spektroskopie]]), infrarotes Licht ([[IR-Spektroskopie]], [[Raman-Spektroskopie]]), Röntgenstrahlung (Röntgenphotoelektronenspektroskopie ([[Photoelektronenspektroskopie|XPS]]), Röntgen-Fluoreszenz Analyse ([[Röntgenfluoreszenzanalyse|RFA]])) oder Gamma-Strahlung ([[Mößbauer-Effekt]]). Zur quantitativen Elementanalytik kommen hauptsächlich zum Einsatz [[Atomabsorptionsspektroskopie]], [[Atomemissionsspektroskopie]] und induktiv gekoppelte Plasmen gekoppelt mit Optischer Emissionsspektroskopie ([[ICP-OES]]) oder gekoppelt mit Massenspektrometrie ([[ICP-MS]]).
* ''Massenspektrometrie'' ([[Massenspektrometrie|MS]])<br /> Zunächst werden Moleküle im Hochvakuum oder bei Atmosphärendruck in der Gasphase ionisiert. Im Hochvakuum wird am häufigsten die [[Stoßionisation|Elektronenstoß-Ionisation]] (EI) eingesetzt. Die Analyt-Moleküle werden durch Elektronen mit einer Energie von 10 bis 15 eV ionisiert.<ref>Georg Schwedt, Torsten C. Schmidt und Oliver J. Schmitz, ''Analytische Chemie'', 2016, S. 320–321, ISBN 978-3-527-34082-8.</ref>
* ''[[NMR-Spektroskopie|Kernresonanz-Spektroskopie]]'' (NMR)<br />Bei dieser besonderen Art der Spektroskopie werden magnetische Wechselwirkungen zwischen Atomkernen und Elektronen in den Analyt-Molekülen ausgenutzt. Es gibt eine unüberschaubare Zahl an speziellen Detektionsmethoden (zum Beispiel COESY, NOESY), sog. 1D-, 2D- und 3D-NMR etc. Eine besondere Spielart der NMR ist die sog. [[Magnetresonanztomographie|MRT]] (Magnet-Resonanz-Tomographie), die als bildgebendes Verfahren in der Medizin erhebliche Bedeutung gewonnen hat.
* ''[[Chromatographie]]''<br />Ziel ist hier die Trennung verschiedener Substanzen. Dazu wird das Analytgemisch in einem Lösungsmittel (''mobile Phase'') gelöst, das dann eine feste Trägersubstanz (''stationäre Phase'') durchströmt ([[Flüssigchromatographie]]). Alternativ kann das Analytgemisch auch verdampft an der stationären Phase vorbeigeführt werden ([[Gaschromatographie]]). Durch unterschiedlich starke Wechselwirkungen mit der stationären Phase werden manche Analyten schnell, andere langsam in Flussrichtung transportiert. Die Wanderungsgeschwindigkeit ist für den jeweiligen Analyten charakteristisch.
* ''Elektroanalytische Messmethoden''<br />Hier werden elektrochemische Parameter (Redoxpotentiale, elektrischer Strom, Leitfähigkeit etc.) benutzt, um qualitative und quantitative Analysen durchzuführen. Stichworte sind [[Voltammetrie]]/[[Polarographie]], [[Coulometrie]], [[Amperometrie]], [[Potentiometrie]], [[Konduktometrie]], [[Elektrogravimetrie]] etc.
* ''[[
Spektroskopische Methoden haben über ihre Anwendung in der klassischen Analytik hinaus erhebliche Bedeutung für die Strukturaufklärung chemischer Verbindungen. Insbesondere die Kombination mehrerer spektroskopischer Methoden ist vor allem in der Organischen Chemie ein sehr effektives Werkzeug. Daneben spielt die [[Röntgenstrukturanalyse]] eine bedeutende Rolle bei der Aufklärung von [[Kristallstruktur]]en.
In der Praxis finden sich sehr oft Überschneidungen von nass-chemischer und instrumenteller Analytik: Häufig wird eine Probe zunächst nass-chemisch aufbereitet, um für eine instrumentelle Methode verwendbar zu sein.
== Anwendungen ==
Die vielen verschiedenen Analysemethoden erlauben eine Vielzahl von Anwendungen, beispielsweise:
* Besonders in der [[Umweltanalytik|Umwelt-]] und [[Lebensmittelanalytik]] wurden in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Leistungsfähigkeit analytischer Messmethoden und deren [[Nachweisgrenze]]n gemacht. Hier
* Die ''Strukturaufklärung'' dient der Identifizierung neuer chemischer Verbindungen bei der chemischen [[Synthese (Chemie)|Synthese]] oder bei der Erforschung neuer [[Naturstoff]]e und dem Verständnis ihrer Eigenschaften.▼
▲* Besonders in der [[Umweltanalytik|Umwelt-]] und [[Lebensmittelanalytik]] wurden in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Leistungsfähigkeit analytischer Messmethoden und deren [[Nachweisgrenze]]n gemacht. Hier, sowie in der [[Forensik|forensischen Chemie]] müssen Substanzen identifiziert und quantifiziert werden.
* Bei der Herstellung chemischer, pharmazeutischer und kosmetischer Produkte sowie von Nahrungsmitteln sind im Rahmen der [[Qualitätskontrolle]] chemische Analysen unumgänglich.
▲* Die ''Strukturaufklärung'' dient der Identifizierung neuer chemischer Verbindungen bei der chemischen [[Synthese (Chemie)|Synthese]] oder bei der Erforschung neuer [[Naturstoff]]e
Zur Überwachung von Produktionsverfahren unterscheidet man zwischen diskontinuierlicher und kontinuierlicher Analytik. Bei diskontinuierlichen Verfahren werden Proben entnommen und im Labor untersucht. Bei kontinuierlichen Verfahren wird die Probe dem Produktionsstrom entnommen und direkt einem Analysengerät zugeführt. Der ermittelte Messwert dient dabei zur Regelung, Überwachung oder zur Qualitätssicherung. Analysengeräte
Unter [[Automatisierung|automatisierter]] Analytik versteht man die Kopplung von instrumenteller Analytik und Datenverarbeitung, wobei nach möglichst automatisierter Probenentnahme bzw. -eingabe und Ausführung der analytischen Bestimmung die zunächst analoge Messwerterfassung und Messwertverarbeitung nach [[Digitalisierung]] mit Hilfe der [[EDV]] erfolgen. Hierbei kommen für viele Methoden der instrumentellen Analytik insbesondere bei Routinebestimmungen Vollautomaten oder Teilautomaten zum Einsatz.<ref>{{Literatur |Autor=Egon Fahr |Titel=Automatisierte Analytik |Sammelwerk=Chemie in unserer Zeit |Band=7 |Nummer=2 |Jahr=1973
== Literatur ==
* [[Frederick Pearson Treadwell]]: ''Kurzes Lehrbuch der analytischen Chemie.'' 2 Bände. Berlin, 4. und 5. vermehrte und verbesserte Auflage, 1907–1911. {{URN|nbn:de:hbz:061:2-22890}} Weitere Auflage (''Lehrbuch der analytischen Chemie'') Leipzig/Wien 1935. Seinerzeit und später vielverwendetes Lehrwerk.
* Ralph L. Shriner, Reynold C. Fuson, David Y. Curtin, Terence C. Morill: ''The systematic identification of organic compounds - a laboratory manual'', Verlag Wiley, New York 1980, 6. edition, ISBN 0-471-78874-0.
* [[Technische Universität Dresden]] (Hrsg.): ''Langenscheidts Fachwörterbuch Chemische Analytik – Englisch-Deutsch – Deutsch-Englisch'', Verlag Alexandre Hatier, Berlin/Paris 1995, ISBN 3-86117-069-8.
* Skoog, Leary: ''Instrumentelle Analytik. Grundlagen, Geräte, Anwendungen.'' Springer-Lehrbuch. Springer Verlag, Berlin 1996, ISBN 978-3-540-60450-1.
* Einax, [[Heinz Zwanziger|Zwanziger]], Geiss: ''Chemometrics in environmental analysis.'' VCH Verlag, Weinheim 1997, ISBN 3-527-28772-8.
* [[Kromidas]], Stavros: ''Validierung in der Analytik'', Wiley-VCH, Weinheim 1999, ISBN 3-527-28748-5.
* Georg Schwedt, Torsten C. Schmidt und Oliver J. Schmitz: ''Analytische Chemie.'' Wiley-VCH, 2016, ISBN 978-3-527-34082-8.
* Wächter, Michael: ''Tabellenbuch der Chemie. Daten zur Analytik, Laborpraxis und Theorie'', Wiley-VCH, Weinheim 2012, 1. Aufl., ISBN 978-3-527-32960-1 (Datensammlung zum Gebrauch bei der Arbeit in Chemie- und Analytiklabors)
* Jander, Blasius, Strähle: ''Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum (einschl. der quantitativen Analyse).'' Hirzel, Stuttgart, 15., neu bearb. Auflage 2005, ISBN 978-3-7776-1364-2.
* [[Gerhard Jander|Jander]], Blasius, Strähle, Schweda: ''Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie.'' Hirzel, Stuttgart, 16., überarb. Auflage 2006, ISBN 978-3-7776-1388-8.
* Otto: ''Analytische Chemie.'' Wiley-VCH, 3., vollst. überarb. u. erw. Auflage 2006, ISBN 978-3-527-31416-4.
* ''Handbuch der experimentellen Chemie; Sekundarbereich II, Band 3 + 4, Analytische Chemie und Umweltanalytik I + II.'' Aulis Verlag Deubner & Co. KG, Köln.
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* {{Dmoz|World/Deutsch/Wissenschaft/Naturwissenschaften/Chemie/Analytik/}}
* [https://www.gdch.de/netzwerk-strukturen/fachstrukturen/analytische-chemie.html Fachgruppe Analytische Chemie] der [[Gesellschaft Deutscher Chemiker|GDCh]]
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