„Saxitoxin“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Hauptvertreter sind immer bedeutend
Zeile 30: Zeile 30:
}}
}}


'''Saxitoxin''' ('''STX''') ist neben seinen verwandten Verbindungen Neosaxitoxin (NSTX, NEO, neoSTX) und Gonyautoxin (GTX) ein wichtiger Hauptvertreter von [[Nervengift|Neurotoxinen]] (Nervengifte), die in [[Mytilus|Miesmuscheln]], [[Pfahlmuschel]]n oder [[Austern]] angereichert sein können und bei deren Verzehr durch den Menschen eine [[Muschelvergiftungen|Muschelvergiftung]] (Mytilismus), die als ''paralytic shellfish poisoning (PSP)'' bekannt ist, verursachen können. Daher wird die Gruppe dieser Gifte auch PSP-Toxine genannt.
'''Saxitoxin''' ('''STX''') ist neben seinen verwandten Verbindungen Neosaxitoxin (NSTX, NEO, neoSTX) und Gonyautoxin (GTX) ein Hauptvertreter von [[Nervengift|Neurotoxinen]] (Nervengifte), die in [[Mytilus|Miesmuscheln]], [[Pfahlmuschel]]n oder [[Austern]] angereichert sein können und bei deren Verzehr durch den Menschen eine [[Muschelvergiftungen|Muschelvergiftung]] (Mytilismus), die als ''paralytic shellfish poisoning (PSP)'' bekannt ist, verursachen können. Daher wird die Gruppe dieser Gifte auch PSP-Toxine genannt.
Quelle der [[Gift|Toxine]] sind vor allem [[Dinoflagellaten]], die als Teil des [[Plankton]]s insbesondere von Muscheln als Nahrung aufgenommen werden. Aber auch hauptsächlich im Süßwasser vorkommende [[Cyanobakterien]] sind in der Lage, Saxitoxine zu synthetisieren.<ref>J. D. Hackett, J. H. Wisecaver, M. L. Brosnahan, D. M. Kulis, D. M. Anderson, D. Bhattacharya, F. G. Plumley, D. L. Erdner: ''Evolution of saxitoxin synthesis in cyanobacteria and dinoflagellates.'' In: ''Mol Biol Evol.'', 30(1), Jan 2013, S. 70–78. PMID 22628533.</ref> Zu den saxitoxinproduzierenden Dinoflagellaten zählen unter anderem:
Quelle der [[Gift|Toxine]] sind vor allem [[Dinoflagellaten]], die als Teil des [[Plankton]]s insbesondere von Muscheln als Nahrung aufgenommen werden. Aber auch hauptsächlich im Süßwasser vorkommende [[Cyanobakterien]] sind in der Lage, Saxitoxine zu synthetisieren.<ref>J. D. Hackett, J. H. Wisecaver, M. L. Brosnahan, D. M. Kulis, D. M. Anderson, D. Bhattacharya, F. G. Plumley, D. L. Erdner: ''Evolution of saxitoxin synthesis in cyanobacteria and dinoflagellates.'' In: ''Mol Biol Evol.'', 30(1), Jan 2013, S. 70–78. PMID 22628533.</ref> Zu den saxitoxinproduzierenden Dinoflagellaten zählen unter anderem:
* ''[[Alexandrium catenella]]'' (''Gonyaulax catenella'')
* ''[[Alexandrium catenella]]'' (''Gonyaulax catenella'')

Version vom 9. März 2024, 07:56 Uhr

Strukturformel
Allgemeines
Name Saxitoxin
Andere Namen

STX

Summenformel C10H17N7O4
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 35523-89-8
EG-Nummer (Listennummer) 632-220-3
ECHA-InfoCard 100.160.395
PubChem 37165
Wikidata Q412694
Eigenschaften
Molare Masse 299,29 g·mol−1
Löslichkeit

löslich in Wasser und Methanol, wenig löslich in Ethanol[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300​‐​310​‐​330
P: ?
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Saxitoxin (STX) ist neben seinen verwandten Verbindungen Neosaxitoxin (NSTX, NEO, neoSTX) und Gonyautoxin (GTX) ein Hauptvertreter von Neurotoxinen (Nervengifte), die in Miesmuscheln, Pfahlmuscheln oder Austern angereichert sein können und bei deren Verzehr durch den Menschen eine Muschelvergiftung (Mytilismus), die als paralytic shellfish poisoning (PSP) bekannt ist, verursachen können. Daher wird die Gruppe dieser Gifte auch PSP-Toxine genannt. Quelle der Toxine sind vor allem Dinoflagellaten, die als Teil des Planktons insbesondere von Muscheln als Nahrung aufgenommen werden. Aber auch hauptsächlich im Süßwasser vorkommende Cyanobakterien sind in der Lage, Saxitoxine zu synthetisieren.[4] Zu den saxitoxinproduzierenden Dinoflagellaten zählen unter anderem:

Diese vermehren sich insbesondere in den warmen Jahreszeiten und können rasch rötlich gefärbte Algenteppiche in Küstengebieten ausbilden („red tide“).[5]

Saxitoxin kann sowohl durch Inhalation (Einatmen), über offene Wunden als auch über die Nahrungsaufnahme in den Körper gelangen. Aufgenommenes Saxitoxin kann innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden zu einer tödlichen Atemlähmung führen. Nicht tödliche Dosen führen beim Menschen nach wenigen Stunden zu folgenden Symptomen: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Bauchschmerzen, Muskelschmerzen und Kopfschmerzen. Es treten Missempfindungen und Sehstörungen auf.[6] Die tödliche Dosis variiert zwischen 0,5 und 12,4 mg Saxitoxin für einen erwachsenen Menschen (eine zu 50%-letale Dosis (LD50 oral) für den Menschen wird mit ab 5,7 µg/kg Körpergewicht angegeben).[7][8]

Saxitoxin als chemischer Kampfstoff

Saxitoxin war unter der Bezeichnung TZ aufgrund seiner hohen Giftigkeit immer wieder als chemischer Kampfstoff im Gespräch. Es gibt Berichte, denen zufolge es möglich sein soll, Gewehrmunition mit Saxitoxin zu kontaminieren, um eine rasche tödliche Wirkung zu erzielen. Saxitoxin ist etwa 1000-mal giftiger als das synthetische Nervengift Sarin und ist wie Ricin ein Kampfstoff biologischer Herkunft. Die US-amerikanische CIA soll in den 50er-Jahren für ihre Agenten (z. B. U-2-Pilot Gary Powers) Giftkapseln mit Saxitoxin hergestellt haben. Saxitoxin steht auf der Kriegswaffenliste des bundesdeutschen Kriegswaffenkontrollgesetzes.[9]

Saxitoxin in der medizinischen Forschung

Wie das Tetrodotoxin ist Saxitoxin (STX) in der medizinischen Forschung eine wichtige Substanz: Es gilt als selektiver Natriumkanal-Blocker, der keinen Einfluss auf den Flux von Chlorid- oder Kaliumionen der Zellmembran hat. Die erste ausführliche chemische Analyse und Synthese des Saxitoxins stammt von Yoshito Kishi im Jahre 1977.[10][11]

Analytik

Saxitoxin kann nach hinreichender Probenvorbereitung[12] durch Einsatz der Kopplung der HPLC mit der Massenspektrometrie in den unterschiedlichen Untersuchungsmaterialien wie z. B. Plasma oder Urin qualitativ und quantitativ nachgewiesen werden.[13][14] Auch für die Untersuchung von Muscheln[12] oder Fischen[15] können die oben genannten Verfahren eingesetzt werden.

Saxitoxin-Derivate, Paralytic Shellfish (Poisoning) Toxine (PSTs, PSP-Toxine)

Der Begriff „PSP-Toxine“ beschreibt eine Gruppe von Toxinen, die sich von der Grundstruktur des Saxitoxins ableiten und als sogen. „Lähmgifte“ die spannungsabhängigen Natriumkanäle der Nervenzellen blockieren, wodurch die Reizweiterleitung in den Nervenfasern und Kontraktion der Skelettmuskeln gehemmt wird und es schließlich zu deren „schlaffer Lähmung“ kommt. Aufgrund seiner vergleichsweise hohen Toxizität wird Saxitoxin dabei als Leitsubstanz zur Toxizitätsbestimmung verwandter Verbindungen verwendet.

Saxitoxin-Derivate[16]
  • Die wichtigsten verwandten Verbindungen unterscheiden sich an den chemischen Resten (R1-R5, siehe Abbildung „Saxitoxin-Derivate“). Die Hauptunterteilung der Toxine wird durch den chemischen Rest an Position 4 (R4) bestimmt. An R4 mit Carbamoyl-Gruppe (Carbamate): Neosaxitoxin, Gonyautoxin (I bis IV); an R4 mit N-sulfo-carbanoyl-Gruppe (Sulfamate): Gonyautoxin (V und VI), C-Toxine (I bis IV); an R4 mit Hydroxygruppe: Decarbamoyl-Saxitoxin, Decarbamoyl-Gonyautoxin (I bis IV), Decarbamoyl-Neosaxitoxin; an R4 protoniert (Wasserstoffatom, H): Deoxydecarbamoyl-Saxitoxin, Deoxydecarbamoyl-Gonyautoxin (II und III). Des Weiteren werden spezielle Toxine der Spezies Lyngbya wollei (LWTX-Toxine I bis VI) mit einer Methylgruppe (verestert) an R4 und Gymnodinium catenatum (GC-Toxine I bis III) mit einem Phenolrest (verestert) an R4 genannt. Die chemischen Reste R1, R2, R3 und R5 unterscheiden sich durch unterschiedliche Kombinationen einer Hydroxygruppe, eines Wasserstoffatoms oder einer Organosulfatgruppe.[3][16]
  • Ein Saxitoxinderivat, das eine höhere toxische Potenz als das Saxitoxin selbst aufweist ist z. B. das Zetekitoxin.[3][17]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Datenblatt bei CbInfo (Memento des Originals vom 14. Oktober 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cbwinfo.com
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von Saxitoxin im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 13. März 2019.
  3. a b c Lyndon E. Llewellyn: Saxitoxin, a toxic marine natural product that targets a multitude of receptors. In: Natural Product Reports. Band 23, Nr. 2, 2013, S. 200–222, doi:10.1039/B501296C.
  4. J. D. Hackett, J. H. Wisecaver, M. L. Brosnahan, D. M. Kulis, D. M. Anderson, D. Bhattacharya, F. G. Plumley, D. L. Erdner: Evolution of saxitoxin synthesis in cyanobacteria and dinoflagellates. In: Mol Biol Evol., 30(1), Jan 2013, S. 70–78. PMID 22628533.
  5. J.P. Parkhill, A.D. Cembella: Effects of salinity, light and inorganic nitrogen on growth and toxigenicity of the marine dinoflagellate Alexandrium tamarense from northeastern Canada. In: Journal of Plankton Research. Band 21, Nr. 5, 1999, S. 939–955, doi:10.1093/plankt/21.5.939.
  6. A. Schrader, O. Strubelt, G. Wagner, F. Amelung: Tierische Gifte. In: A. Schrader (Hrsg.): Toxisch bedingte Krankheiten des Nervensystems. Springer-Verlag, Berlin / New York 1992, S. 229–263, Bereich D: Saxitoxin-Intoxikation, S. 256.
  7. S. Faber: Saxitoxin and the induction of paralytic shellfish poisoning. In: Journal of Young Investigators. Band 23, Nr. 1, 2012, S. 1–7 (jyi.org).
  8. J. Patocka, L. Stredav: Brief Review of Natural Nonprotein Neurotoxins. In: Richard Price (Hrsg.): ASA Newsletter. (Applied Science and Analysis inc.) 02–2 (89), 23. April 2002, S. 16–23.
  9. Kriegswaffenliste des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen.
  10. H. Tanino, T. Nakata, T. Kaneko, Y. Kishi: A stereospecific total synthesis of dl-saxitoxin. In: Journal of the American Chemical Society, 99, 1977, S. 2818, doi:10.1021/ja00450a079.
  11. Synthesis of Saxitoxin. synarchive.com; abgerufen am 16. August 2017.
  12. a b K. Harju, M. L. Rapinoja, M. A. Avondet, W. Arnold, M. Schär, S. Burrell, W. Luginbühl, P. Vanninen: Optimization of Sample Preparation for the Identification and Quantification of Saxitoxin in Proficiency Test Mussel Sample using Liquid Chromatography-Tandem Mass Spectrometry. In: Toxins. (Basel). 7(12), 25. Nov 2015, S. 4868–4880. PMID 26610567
  13. R. W. Peake, V. Y. Zhang, N. Azcue, C. E. Hartigan, A. Shkreta, J. Prabhakara, C. B. Berde, M. D. Kellogg: Measurement of neosaxitoxin in human plasma using liquid-chromatography tandem mass spectrometry: Proof of concept for a pharmacokinetic application. In: J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci., 1036–1037, 1. Okt 2016, S. 42–49. PMID 27710889
  14. W. A. Bragg, S. W. Lemire, R. M. Coleman, E. I. Hamelin, R. C. Johnson: Detection of human exposure to saxitoxin and neosaxitoxin in urine by online-solid phase extraction-liquid chromatography-tandem mass spectrometry. In: Toxicon, 99, 1. Jun 2015, S. 118–124. doi:10.1016/j.toxicon.2015.03.017 Epub 2015 Mar 27. PMID 25817003
  15. T. Nakatani, M. Shimizu, T. Yamano: The Contents and Composition of Tetrodotoxin and Paralytic Shellfish Poisoning Toxins in Marine Pufferfish Canthigaster rivulata. In: Shokuhin Eiseigaku Zasshi, 57(2), 2016, S. 51–56. PMID 27211919.
  16. a b Brenton Nicholson, John Papageorgiou, Andrew E. Humpage, Paul Monis, Dennis Steffensen: Determination and Significance of Emerging Algal Toxins (Cyanotoxins). American Water Works Association, 2007, ISBN 978-1-58321-536-4, S. 50 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. M. Yotsu-Yamashita, Y. H. Kim, S. C. Dudley Jr, G. Choudhary, A. Pfahnl, Y. Oshima, J. W. Daly: The structure of zetekitoxin AB, a saxitoxin analog from the Panamanian golden frog Atelopus zeteki: a potent sodium-channel blocker. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 101, Nr. 13, 2013, S. 4346–4351, doi:10.1073/pnas.0400368101.