Kinematische Kette

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. November 2018 um 10:31 Uhr durch Wruedt (Diskussion | Beiträge) (typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Das Watt-Gestänge, ein viergliedriges Koppelgetriebe
Foto: reales Getriebe
rot: Animation, die auch die Abstraktion zur kinematischen Kette erkennen lässt.
Durch Verbinden der beiden am Fahrzeugaufbau festen Gelenke (auch blaue Punkte) mit einer weiteren Geraden wird die Kette geschlossen.

Kinematische Kette ist ein abstrakter Begriff aus der Getriebetechnik.[1] Er wird u. a. für Koppelgetriebe, die eine geschlossene Kette aus vorwiegend starren Körpern als Glieder enthalten, gebraucht.[2]

Die Darstellung der Kette besteht aus

  • Geraden als Symbole für die Glieder des Getriebes (die Geraden dürfen beliebig lang sein) und
  • verbindenden kleinen Kreisen als Symbole für die bewegliche Kopplung (Gelenke mit Freiheitsgrad f ≥ 1, der bei f >1 praktischerweise am Symbol vermerkt wird[Anm. 1]) zwischen je zwei Gliedern (Getriebeteilen).

Beim im nebenstehenden Bild gezeigten viergliedrigen Koppelgetriebe ist die Abstraktion zur ebenfalls viergliedrigen kinematischen Kette leicht nachvollziebar, da die 3 bewegten Glieder bereits gerade Stangen und die 4 Gelenke punktförmig erscheinende Drehgelenke sind. Das Gestell (hier der Fahrzeugaufbau) als 4. Glied ist als Gerade zwischen den beiden gestellfesten Lagern zu denken.[Anm. 2] Die kinematische Kette darf relativ beliebig gezeichnet werden, vorzugsweise aber als regelmäßiges Polygon mit kleinen Kreisen auf den Ecken (im vorliegenden Fall als Quadrat).[3]

Die Abstraktion zur kinematischen Kette führt immer zu einem Bild in der Ebene, auch wenn es sich um kompexe Ketten mit kinematischen Schleifen handelt, wie sie in der Fahrwerkstechnik z. B. bei der Fünflenkerradaufhängung anzutreffen sind.[4]

Bei Robotergreifarmen und ähnlichen technischen Geräten wie z.B. Baggerarmen wird der Begriff offene kinematische Kette angewendet.[5] Gleich wie in der allgemeinen Getriebetechnik ist, dass i.d.R. je zwei feste Körper zu einer Kette kinematisch eindeutig miteinander verbunden sind, meistens mit einem Gelenk mit Freiheitsgrad f=1. Unterschiedlich ist, dass die offene Kette nicht zwangläufig ist. Der Zwanglauf wird nicht mit nur einem Antrieb erreicht, sondern es ist in jedem Gelenk ein individueller Antrieb erforderlich. Damit wird an jeder Verbindungsstelle je ein Getriebe mit jeweils geschlossener kinematischer Kette beigefügt.

Anmerkungen

  1. Gelenke mit f>1 werden manchmal auch durch virtuelle Glieder ersetzt, die mit f=1 - Gelenken verbunden sind; vgl. Schramm u.a.: Modellbildung und Simulation der Dynamik von Kraftfahrzeugen
  2. Der Mittelpunkt des kurzen mittleren Glieds (die Koppel) ist gelenkig mit der Starrachse verbunden und führt diesen Punkt der Achse als bewegtes Teil in einer weiteren kinematischen Kette am Fahrzeugaufbau annähernd auf einer vertikalen Bahn.
    Das Wattgestänge und die bewegliche Aufhängung des Achskörpers bilden zusammen ein höhergliedriges Getriebe. Die beides betreffende kinematische Kette bildet nicht mehr einen einzelnen Ring wie beim Wattgestänge. Die Abstraktion ist nicht auf die Längenverhältnisse zwischen den realen 4 Gliedern und nicht auf die reale Verteilung der 4 Koppelstellen angewiesen.

Einzelnachweise

  1. Franz Reuleaux, Theoretische Kinematik, Braunschweig 1875, S. 49.
  2. Johannes Volmer (Herausgeber): Getriebetechnik Lehrbuch, Verlag Technik Berlin, 1968, Seiten 22, 44, 218 und 222.
  3. Johannes Volmer, S. 220, Bild 6.1.
  4. Dieter Schramm, Manfred Hiller, Roberto Bardini: Modellbildung und Simulation der Dynamik von Kraftfahrzeugen. 3. Auflage. Springer Vieweg, 2018, ISBN 978-3-662-54480-8.: (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  5. link.springer: „Den kinematischen Aufbau eines Roboters idealisiert man nach VDI-2861 als offene kinematische Kette.“ [1]