Centros-Entscheidung

Urteil des Europäischen Gerichtshofes

Die Centros-Entscheidung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) (Rechtssache C-212/97) vom 9. März 1999 zur Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 AEUV) als Bestandteil der Personenverkehrsfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Mit ihr folgte der EuGH der von Otto Sandrock geprägten Überlagerungstheorie und verwarf die in der Rechtswissenschaft vorher herrschende Sitz- bzw. Gründungstheorien für das europäische Gesellschaftsrecht.[1]

Sachverhalt

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Die Centros private limited company (Ltd.) war eine Gesellschaft nach englischem Recht, die in England von einem dänischen Ehepaar gegründet wurde, um die in der dänischen Gesellschaftsrechtsordnung statuierten Schutzvorschriften für Kapitalgesellschaften zu umgehen. Grund dafür war, dass die Kapitalaufbringung für englische Kapitalgesellschaften geringer ausfällt als für dänische Kapitalgesellschaften.

Das dänische Ehepaar wollte nun mit der Centros Ltd. seine Geschäftstätigkeit in Dänemark aufnehmen und beantragte die dafür erforderliche Eintragung einer Zweigniederlassung bei der dänischen Zentralverwaltung. Diese lehnte die Eintragung und damit die Geschäftstätigkeit der Centros Ltd. in Dänemark ab. Die Begründung dafür: Die Centros Ltd. umgehe mit ihrer Gründung in England die nationale Gesellschaftsrechtsordnung und habe nicht das erforderliche Mindesthaftkapital für eine Kapitalgesellschaft in Dänemark.

Das Urteil des EuGH

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Ein Mitgliedstaat der EU verstößt gegen die im EG-Vertrag statuierte Niederlassungsfreiheit, wenn der Mitgliedstaat eine Eintragung einer Kapitalgesellschaft mit der Begründung ablehnt, dass die Gründung im EU-Ausland nur zur Umgehung nationaler gesellschaftsrechtlicher Schutzvorschriften erfolge. Demnach ist es zulässig, eine Kapitalgesellschaft innerhalb der EU zu gründen und dann die gesamte Geschäftstätigkeit über eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der EU zu entfalten. Diese Kapitalgesellschaft ist innerhalb der ganzen EU partei- und rechtsfähig.

Folge der Centros-Entscheidung

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Die Centros-Entscheidung hat im erheblichen Maße zu einem Wettlauf der Rechtsordnungen innerhalb der Europäischen Union geführt. So ist es inzwischen nichts Besonderes mehr, eine private limited company (Ltd.) in Deutschland anzutreffen. Dieser Wettlauf hat in entscheidendem Maße dazu beigetragen, dass nun auch in Deutschland mit der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) („Mini-GmbH“) eine Gesellschaft existiert, die der Ltd. von ihrem Wesen her sehr nahekommt. Schlussendlich ist dies ein weiterer Schritt zur Erreichung des einheitlichen europäischen Binnenmarktes.

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Literatur

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  • Curt Christian von Halen: Das Gesellschaftsstatut nach der Centros-Entscheidung des EuGH : kollisionsrechtliche Tragweite, materiellrechtliche Folgen und gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. Verlag Recht und Wirtschaft, Heidelberg 2001, ISBN 3-8005-1289-0.
  • Max Göttsche: Das Centros-Urteil des EuGH und seine Auswirkungen - Eine Bestandsaufnahme aus gesellschafts-, handels- und steuerrechtlicher Sicht -. In: Deutsches Steuerrecht (DStR). 1999, S. 1403 ff.
  • Peter Kindler: Niederlassungsfreiheit für Scheinauslandsgesellschaften? - Die „Centros“-Entscheidung des EuGH und das internationale Privatrecht. In: Neue Juristische Wochenschrift. 1999, S. 1993 ff.
  • Otto Sandrock: Centros: ein Etappensieg für die Überlagerungstheorie. In: Betriebs-Berater. 1999, S. 1337 ff.

Einzelnachweise

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  1. Joachim Gruber: Nachruf auf Otto Sandrock. In: Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht. 2017, S. 144.