Schistosoma mansoni

Art der Gattung Pärchenegel (Schistosoma)

Schistosoma mansoni (von altgriechisch schistos ‚gespalten‘ und soma ‚Körper‘, zweiter Teil des Artnamens nach dem schottischen Parasitologen Patrick Manson) ist ein Pärchenegel, der beim Menschen die Darmform der Schistosomiasis (Syn. Darmbilharziose) verursacht. Er ist der bedeutendste Schistosomiasis-Erreger. Die Weltgesundheitsorganisation ging für 2021 von etwa 251,4 Millionen Menschen aus, die eine vorbeugende Behandlung benötigen.[1] Jährlich sterben schätzungsweise 800.000 Menschen an dieser Krankheit.[2] Der Egel war ursprünglich in Afrika verbreitet und wurde ab dem 16. Jahrhundert mit dem Sklavenhandel auch in den Mittleren Osten, die Karibik, nach Brasilien, Venezuela und Suriname verschleppt und kommt heute dort ebenfalls endemisch vor.[2] Die Schadwirkung für den Menschen geht vor allem von den Eiern aus, die an den Gefäßwänden abgelegt werden. Sie verursachen eine Dickdarmentzündung mit Durchfall und die Entstehung von Polypen.

Schistosoma mansoni

Pärchen von Schistosoma mansoni

Systematik
Stamm: Plattwürmer (Plathelminthes)
Klasse: Saugwürmer (Trematoda)
Ordnung: Strigeatida
Familie: Schistosomatidae
Gattung: Pärchenegel (Schistosoma)
Art: Schistosoma mansoni
Wissenschaftlicher Name
Schistosoma mansoni
Sambon, 1907

Merkmale

Bearbeiten

Schistosoma mansoni ist ein langer zylindrischer Wurm mit einem ausgeprägten Sexualdimorphismus. Männchen sind weiß, etwa 1 cm lang (0,6–1,1 cm)[3] und haben einen Durchmesser von 0,1 cm. Die äußere Hülle (Membranocalyx) wird kontinuierlich abgeschilfert und erneuert.[4] Die Neodermis ist mit kleinen Höckern besetzt. Die Saugnäpfe tragen kleine Dornen. Der Geschlechtsapparat besteht aus 6 bis 9, rückenseitig angeordneten Hoden. Von jedem geht ein Samenleiter aus. Diese vereinigen sich zu einem einzigen Gang, welcher in das Samenbläschen mündet.[5] Das ebenfalls zylindrische Weibchen ist länger und dünner als das Männchen (1,2 bis 1,6 cm lang und 0,016 cm dick). Es ist durch das bei der Verdauung entstehende Hämozoin im Darmkanal grau gefärbt.[6] Das Ovar ist länglich, leicht gelappt und befindet sich in der vorderen Körperhälfte. Ein kurzer Oviduct führt zum erweiterten Anfangsteil des Uterus, dem Ootyp. Im Uterus befinden sich ein bis zwei Eier (selten 3 bis 4), im Ootyp ist stets nur ein Ei vorhanden. Die Geschlechtsöffnung liegt bauchseitig. Die hinteren zwei Körperdrittel enthalten die Dotterstöcke und ihren gewundenen Ausführungsgang, der sich mit dem Oviduct vereinigt. Die Mehlis-Drüse (Schalendrüse) besteht aus nur einem Zelltyp. Diese Zellen treten durch die Wand des Ootyps, gelangen so in sein Lumen und bilden hier die Eischale.[7] Das Weibchen liegt in einer Rinne im Körper des Männchens und beide sind durch Anhaften der Geschlechtsöffnungen permanent miteinander verbunden.

Lebenszyklus

Bearbeiten
 
Lebenszyklus von Schistosoma mansoni

Die ovalen Eier sind 115–175 μm × 45–47 μm groß und haben einen Durchmesser von etwa 150 μm. Sie haben an der Seite spitze Dornen.[8] Sie gelangen mit dem Stuhl oder Fäkalien in Gewässer. Hier schlüpfen die 136 × 55 μm großen Wimpernlarven (Miracidien), die auf der Oberfläche mit haarartigen Zilien besetzt sind, mit denen sie sich im Wasser fortbewegen können.[9]

Die Miracidien dringen in im Süßwasser lebende Tellerschnecken der Gattung Biomphalaria ein. Die Wimpernhaut wird im Zwischenwirt nun durch die Neodermis ersetzt. Es entsteht die Muttersporozyste, welche sich mehrmals durch ungeschlechtliche Fortpflanzung vermehrt. Die Tochtersporozysten wandern in Leber und Keimdrüsen der Schnecke und wachsen dort heran.[10] Innerhalb von zwei bis vier Wochen vollziehen sie eine Metamorphose zur Gabelschwanzzerkarie. Die birnenförmige Zerkarie ist 0,24 mm × 0,1 mm groß.[11] Sie verlässt die Schnecke und bewegt sich mit ihrem Ruderschwanz durch das Wasser und sucht aktiv nach einem geeigneten Endwirt.[12] Im Wasser bleiben sie bis zu 12 Stunden infektiös.[13]

Nehmen die Gabelschwanzzerkarien menschliche Haut wahr, heften sie sich an diese an, suchen sich kriechend eine geeignete Pforte (meist ein Haarfollikel) und dringen mit ihren Drüsensekreten durch die Epidermis ein. Der Kopf der Zerkarie wandelt sich in eine endoparasitische Larve um, die Schistosomule. Die Schistosomulen verweilen einige Tage in der Haut und dringen dann über die Lymphgefäße der Haut in den Blutkreislauf ein. Hier ernähren sie sich von Blut.[14] Die Schistosomulen gelangen etwa fünf bis sieben Tage nach der Infektion in die Lungen und von hier über das Herz in das Pfortadersystem. Treffen Weibchen hier auf einen männlichen Partner, reifen sie zu den Adulten und das Paar wandert in die Gekrösevenen des Dickdarms.[15] Hier beginnt das Weibchen mit der Eibildung. Ein Weibchen produziert etwa 300 Eier pro Tag und legt sie an den Endothelzellen der venösen Kapillaren ab.[16] Von hier gelangen die Eier in das Lumen und werden mit dem Kot in die Umgebung abgegeben.

Forschungsgeschichte

Bearbeiten

Schistosoma mansoni wurde 1851 vom Arzt Theodor Bilharz während einer Obduktion in den Gekrösevenen eines Jungen im Krankenhaus in Kairo entdeckt.[17] Während einer Expedition in Ägypten 1915 bis 1916 konnte der britische Parasitologe Robert Thomson Leiper den Infektionszyklus aufklären.[18]

Bearbeiten
Commons: Schistosoma mansoni – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Schistosomiasis. Abgerufen am 25. August 2024.
  2. a b W. Lang: Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1996, S. 103–124.
  3. José Roberto Machado-Silva, Cléber Galvão, Regina Maria Figueiredo de Oliveira, Octávio Augusto França Presgrave, Delir Corrêa Gomes: Schistosoma mansoni Sambon, 1907: comparative morphologica studies of some Brazilian strains. In: Revista do Instituto de Medicina Tropical de São Paulo. 1995, Band 37, Nummer 5, S. 441–447 doi:10.1590/s0036-46651995000500010.
  4. Simon Braschi, William Castro Borges, R. A. Wilson: Proteomic analysis of the shistosome tegument and its surface membranes. In: Memórias do Instituto Oswaldo Cruz. 2006, Band 101, Nummer suppl 1, S. 205–212 doi:10.1590/S0074-02762006000900032.
  5. Luíz Rey: Parasitologia. Editora Guanabara Koogan S.A, Rio de Janeiro 1991, ISBN 978-85-277-0189-1, S. 351–362.
  6. Marcus F. Oliveira, Joana C. d’Avila, Christiane R. Torres, Pedro L. Oliveira, Antônio Tempone, Franklin David Rumjanek, Claudia Mariza Braga, José Roberto da Silva, Marı́lvia Dansa-Petretski, Marco Antônio de Oliveira, Wanderley de Souza, Sérgio T. Ferreira: Haemozoin in Schistosoma mansoni. In: Molecular and Biochemical Parasitology. 2000, Band 111, Nummer 1, S. 217–221 doi:10.1016/s0166-6851(00)00299-1.
  7. David A. Erasmus: A comparative study of the reproductive system of mature, immature and ‘unisexual’ female Schistosoma mansoni. In: Parasitology. 1973, Band 67, Nummer 2, S. 165–183 doi:10.1017/s0031182000046394.
  8. H. S. Hutchison: The Pathology of Bilharziasis. In: The American Journal of Pathology. Band 4, Nummer 1, Januar 1928, S. 1–16.11, PMID 19969774, PMC 2006716 (freier Volltext).
  9. Marianne Køie, Flemming Frandsen: Stereoscan observations of the miracidium and early sporocyst of Schistosoma mansoni. In: Zeitschrift für Parasitenkunde Parasitology Research. 1976, Band 50, Nummer 3, S. 335–344 doi:10.1007/BF02462978.
  10. Marianette T. Inobaya, Remigio M. Olveda, Thao N.P. Chau, David U. Olveda, Allen G. Ross: Prevention and control of schistosomiasis: a current perspective. In: Research and Reports in Tropical Medicine. 2014, S. 65 doi:10.2147/RRTM.S44274.
  11. Ernest Carroll Faust: Notes on South African Cercariae. In: Journal of Parasitology. 1919, Band 5, Nummer 4, S. 164 doi:10.2307/3271082.
  12. Thomas Smith: Schistosomiasis. In: Infectious Disease Clinics of North America. 2012, Band 26, Nummer 2, S. 383–397 doi:10.1016/j.idc.2012.03.004.
  13. P. J. Whitfield, Anna Bartlett, Nancy Khammo, Richard H. Clothier: Age-dependent survival and infectivity of Schistosoma mansoni cercariae. In: Parasitology. 2003, Band 127, Nummer 1, S. 29–35 doi:10.1017/s0031182003003263.
  14. Marcus F. Oliveira et al.: Haemozoin in Schistosoma mansoni. In: Molecular and Biochemical Parasitology. 2000, Band 111, Nummer 1, S. 217–221 doi:10.1016/S0166-6851(00)00299-1.
  15. R. A. Wilson: The saga of schistosome migration and attrition. In: Parasitology. 2009, Band 136, Nummer 12, S. 1581–1592 doi:10.1017/S0031182009005708.
  16. Philip T. LoVerde, L. Chen: Schistosome female reproductive development. In: Parasitology Today. 1991, Band 7, Nummer 11, S. 303–308 doi:10.1016/0169-4758(91)90263-N.
  17. Elisabeth Rabl: Experimentelle Untersuchung zur Charakterisierung eines lockwirksamen Signalmoleküls der Zwischenwirtsschnecke Biomphalaria glabrata für Schistosoma mansoni, Erreger Intestinaler Bilharziose. Dissertation Technische Universität München 2002, S. 1.
  18. J. Russell Stothard, Narcis B. Kabatereine, John Archer, Hajri Al‐Shehri, Louis Albert Tchuem-Tchuenté, Margaret Gyapong, Amaya L. Bustinduy: A centenary of Robert T. Leiper's lasting legacy on schistosomiasis and a COUNTDOWN on control of neglected tropical diseases. In: Parasitology. 2016, Band 144, Nummer 12, S. 1602–1612 doi:10.1017/S0031182016000998.