Urbs Aquensis

Stadthymne der Stadt Aachen

Urbs Aquensis ist die heute gängige Bezeichnung für die Karlssequenz (lat. Sequentia Sancti Karoli „Sequenz des Heiligen Karl“), einen im zwölften Jahrhundert entstandenen, ursprünglich lateinischen Hymnus besonders auf Karl den Großen. Das Versschema und die Melodie entsprechen dem späteren Lauda Sion.

Entstehungsgeschichte und heutige Bedeutung

Bearbeiten

Die Entstehung des Hymnus wird auf das Jahr der Heiligsprechung Karls des Großen 1165 zurückgeführt. Die ältesten Zeugnisse stammen alle aus Aachen, wo der Text offenbar geschrieben wurde. In Urkunden von Friedrich I. Barbarossa aus dem Jahre 1166 wird Aachen als civitas regalis („königliche Stadt“) genannt; Rudolf I. nennt Aachen 1279 urbs regalis Aquensis, wie die im ersten Vers des Hymnus enthaltene Bezeichnung.

Von der Heiligsprechung an wurde dieser Hymnus über Aachen hinaus ebenso in anderen Städten gesungen. So wurde der Hymnus beispielsweise in Halberstadt, Zürich,[1] Basel und Frankfurt gesungen. Für diese wurde der Anfang des Werkes jeweils durch deren Stadtnamen ersetzt. In Frankfurt sang man etwa: „Francfordensis urbs regalis, Regni sedes principalis“ („Frankfurt, du königliche Stadt, des Reiches Fürstensitz“).

Die Karlssequenz ist liturgischer Bestandteil des am Karlsfest, welches alljährlich zu Ehren Karls des Großen um dessen Todes- und Gedenktag, den 28. Januar, begangen wird, im Aachener Dom gehaltenen Pontifikalamts sowie des im Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus begangenen Karlsamtes. In einer um das Jahr 1850 erfolgten Neuvertonung wurde die Karlssequenz zur Hymne der Stadt Aachen. Diese Fassung hat im Gotteslob für das Bistum Aachen mit einer – heute nur noch selten verwendeten – Übersetzung aus dem 19. Jahrhundert Aufnahme gefunden. Seit 1950 ist das Urbs Aquensis als Stadthymne zudem fester Bestandteil der Zeremonie zur Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen.

Liedtext

Bearbeiten
 
Beginn der Aachen-Hymne auf einem Glasfenster aus dem 18. Jahrhundert in der Burg Frankenberg
Originaltext (Latein)[2] Nachdichtung (19. Jahrhundert) Übersetzung

Urbs Aquensis, urbs regalis,
regni sedes principalis,
prima regum curia:
Regi regum pange laudes,
quae de magni regis gaudes
Caroli praesentia.

Iste coetus psallat laetus,
psallat chorus hic sonorus,
vocali concordia.
At dum manus operatur
bonum quod cor meditatur,
dulcis est psalmodia.

Hac in die, die festa,
magni regis magna gesta
recolat Ecclesia,
reges terrae et omnes populi,
omnes simul plaudant et singuli,
celebri laetitia.

Hic est magnus imperator,
boni fructus bonus sator,
et prudens agricola,
infideles hic convertit,
fana, deos hic evertit
et confringit idola.

Hic superbos domat reges,
hic regnare sacras leges
facit cum justitia.
Quam tuetur eo fine
ut et justus sed nec sine
sit misericordia.

Stella maris, o Maria,
mundi salus, vitae via,
alma nostra Domina:
Vacillantum rege gressus
et ad regem des accessus
in perenni gloria.

Christe splendor Dei patris
incorruptae fili matris
gentem tuam adjuva.
Per hunc sanctum, cuius festa
celebramus, nobis praesta
sempiterna gaudia.

Aachen, Kaiserstadt, du hehre,
alter Städte Kron’ und Ehre,
Königshof voll Glanz und Ruhm!
Singt dem Himmelskönig Lieder,
Festesfreude füllet wieder
Karls des Großen Heiligtum!

Feierklänge, Festgesänge
aus der frohbewegten Menge
einet volle Harmonie.
Hand und Herz zu Gott erhoben,
ihn zu preisen, ihn zu loben,
tönet süße Melodie.

Und des Königs Ruhmestaten,
seines Lebens reichste Saaten
rühmet heute Festgesang.
Fürsten ihr und Völker alle,
lobet ihn mit Jubelschalle,
jauchzet froh im Wettgesang.

Wohl zog nie ein Landsmann weiser
gute Frucht wie dieser Kaiser
aus dem Acker wüst und wild,
da er Heidenvolk bekehrte,
Heidentempel rings zerstörte
und zerbrach der Götzen Bild.

Stolze Fürstenwillkür zwingend
und für heilge Lehen ringend
hat er Christus Sieg verschafft.
Allzeit strengen Rechtes Pfleger
und Erbarmens milder Heger
übt er seines Amtes Kraft.

O Maria, Stern der Meere,
Heil der Welt, die Wege lehre
sichern Schrittes uns zu gehn.
Zu dem Himmel hilf uns schreiten,
bis im Licht der Ewigkeiten
wir vor unserm König stehn.

Christus, Gottes Sohn, geboren
von der Jungfrau auserkoren,
sei zu helfen uns bereit.
Höre deines Heil’gen Flehen,
dessen Festtag wir begehen,
schenk uns ew’ge Seligkeit.

Stadt Aachen, Königsstadt,
Hauptsitz des Reiches,
erster Hof der Könige:
sing das Lob des Königs der Könige,
die du dich der Gegenwart
des großen Königs Karl erfreust.

Diese Versammlung lobsinge freudig,
dieser Chor lobsinge klangvoll,
in Eintracht der Stimmen.
Und wenn die Hand das Gute ins Werk setzt,
worüber das Herz nachsinnt,
ist der Lobgesang wohlklingend.

An diesem Tag, dem Festtag,
erinnert die Kirche
an die großen Taten des großen Königs.
Die Könige der Erde und alle Völker,
alle zusammen und jedes einzelne,
sollen preisen in Festesfreude.

Dieser ist der große Kaiser,
der gute Sämann guter Frucht,
der kluge Bauer.
Die Ungläubigen bekehrt er,
Tempel und Götter stürzt er um
und zerbricht die Götzenbilder.

Er zähmt überhebliche Könige,
heilige Gesetze lässt er herrschen
mit Gerechtigkeit.
Diese schützt er mit dem Ziel,
gerecht zu sein, aber nicht ohne
Barmherzigkeit.

Meeresstern, o Maria,
Heil der Welt, Weg des Lebens,
unsere hohe Herrin,
lenke die Schritte der Wankenden
und gib Zugang zum König
in der ewigen Herrlichkeit.

Christus, Abglanz Gottes des Vaters,
Sohn der unbefleckten Mutter,
steh deinem Volk bei.
Um dieses Heiligen willen, dessen Fest
wir feiern, gewähre uns
die ewigen Freuden.

 

Quelle: Gotteslob (1975) Nr. 966 und 967. Text: 12. Jh., deutsch 19. Jh. Melodie: Peter Baur um 1850

Bearbeiten
Commons: Urbs Aquensis, urbs regalis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Bearbeiten
  • Clemens Blume (Hrsg.): Analecta Hymnica, Band 55, 1922, S. 225–226 Nr. 201 kritische Edition mit Angabe der handschriftlichen Überlieferung
  • Erika Eisenlohr: Die älteste Niederschrift der Sequenz „Urbs Aquensis urbs regalis“ im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts und ihre mögliche Verbindung zum Karlskult Barbarossas. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins (1989), S. 35–67.
  • Michael McGrade: O rex mundi triumphator: Hohenstaufen politics in a sequence for Saint Charlemagne. In: Early Music History: Studies in Medieval and Early Modern Music 17 (1998), S. 183–219.

Anmerkungen

Bearbeiten
  1. Die erste Strophe ist völlig umgestaltet; vgl. Analecta Hymnica 55, S. 256: „Urbs Turegum, urbs famose / Quam decorant gloriosa / Sanctorum suffragia.
  2. Von der ursprünglichen Fassung fehlen die Strophen 5, 6, 11 bis 14, also auch das für die Kaiserideologie wichtige O rex, mundi triumphator.