Cytochrom P450 2D6

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Cytochrom P450 2D6
Cytochrom P450 2D6
Kristallstruktur des menschlichen Cytochrom P450 2D6 nach 2F9Q

Vorhandene Strukturdaten: 2F9Q 3QM4 3TBG 3TDA

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 479 Aminosäuren
Sekundär- bis Quartärstruktur Homotetramer
Kofaktor Häm
Bezeichner
Gen-Namen
Externe IDs
Enzymklassifikation
EC, Kategorie
Reaktionsart Hydroxylierung
Substrat RH + FADH + O2
Produkte ROH + FAD+ + H2O
Vorkommen
Homologie-Familie Cytochrom P450
Übergeordnetes Taxon Lebewesen

CYP2D6 ist ein Enzym der Cytochrom-P450-Gruppe, das im menschlichen Körper am Abbau sowohl von körpereigenen, als auch von „körperfremden“ Stoffen (Xenobiotika), insbesondere von Medikamenten, beteiligt ist. Es ist nach Cytochrom P450 3A4 das zweitwichtigste Enzym dieser Gruppe: Geschätzt 25 % aller ärztlichen Verschreibungen lauten auf Pharmaka, die von CYP2D6 verstoffwechselt werden. Es liegt in zahlreichen genetischen Varianten vor. Bei Menschen, die von einer Gen-Anomalie betroffen sind, kann dadurch das Wirkprofil bestimmter Medikamente verändert sein.[1]

Es gibt etwa 70 verschiedene Varianten (Allele) des auf Chromosom 22q13.1 liegenden CYP2D6-Gens (graphisch gekennzeichnet durch Kursivdruck, Asterisk und eine Zahl[2]). Es hat damit den größten genetischen Polymorphismus aller Mitglieder der Cytochrom-P450-Familie. In jedem menschlichen Individuum liegen zwei Exemplare davon vor. Nicht alle codieren für ein voll funktionsfähiges Enzym, sodass man je nach Enzymaktivität verschiedene Phänotypen unterscheidet:[3][2]

  • „langsamer Metabolisierer“ („poor“): 2 Allele, die beide für ein funktionsloses Enzym codieren (bei 5–10 % der Europiden, 1–4 % anderer Ethnien)
  • „intermediärer Metabolisierer“ („intermediate“): 1 Allel codiert für ein funktionsfähiges Enzym, das andere für ein funktionsloses Enzym
  • „schneller Metabolisierer“ („extensive“): beide Allele codieren für ein funktionsfähiges Enzym (der Normalfall)
  • „ultraschneller Metabolisierer“ („ultrarapid“): in 15–30 % der Fälle liegt das Gen für CYP2D6 auf mindestens einem Allel in zwei- oder mehrfacher Kopie vor, die übrigen Fälle sind nicht genetisch geklärt[2] (1–2 % der Bevölkerung in Schweden, 4 % in Deutschland, 7–10 % in Spanien, 20–29 % in Nordafrika)

Von der Gruppe der langsamen Metabolisierer, die im Brennpunkt der Pharmakotherapie steht, sind in der europiden Bevölkerung 93 % durch das Vorliegen eines der „defekten“ Allele CYP2D6*3, CYP2D6*4, CYP2D6*5 und CYP2D6*6 erklärbar, weshalb man sich in der genetischen Diagnostik meist auf diese vier beschränkt.[2]

Metabolisierungstest

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Eine praktische Möglichkeit zur Unterscheidung der vier genannten Phänotypen bietet ein Test[2] mit der Substanz Dextromethorphan (CYP2D6-Substrat). Nach oraler Einnahme einer Testdosis Dextromethorphan wird der Urin gesammelt und dort die Menge der unverändert ausgeschiedenen Testsubstanz (Dextromethorphan) und die Menge des Metaboliten (Dextrorphan), der nicht weiter abgebaut wird, bestimmt. Das Verhältnis beider ist ein Maß für die Metabolisierungskapazität.

CYP2D6 oxidiert bzw. hydroxyliert in der Leber bestimmte Substrate (Pharmaka) und aktiviert (Prodrug) oder deaktiviert diese dadurch.

Biochemisch ausschließlich/überwiegend oder in klinisch bedeutsamem Ausmaß durch CYP2D6 abgebaut werden:[2][4][5]

In der Flockhart-Tabelle[4] sind insgesamt 67 Substrate verzeichnet, die ganz oder unter Beteiligung von CYP2D6 metabolisiert werden.

Rifampicin und Dexamethason bewirken eine Enzyminduktion von CYP2D6[4] und damit einen beschleunigten Abbau (kürzere Bioverfügbarkeit) von allen CYP2D6-Substraten.

Eine Substanz, die Substrat eines bestimmten Enzyms ist, kann gleichzeitig und unabhängig davon dieses (oder ein anderes) Enzym inhibieren (hemmen) (oder alternativ auch induzieren (anregen)). Die Liste der Enzyminhibitoren ist für jedes Substrat unterschiedlich und relativ umfangreich.[4] Die wichtigsten CYP2D6-Inhibitoren sind:[6]

Therapeutische Aspekte

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Bei Menschen, die eine reduzierte CYP2D6-Aktivität haben, ist die Dosis-Wirkungs-Kurve verändert; sie benötigen eine niedrigere Dosis für eine beabsichtigte Wirkung. Umgekehrt treten unter Normaldosierung schneller Unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf, da es zu einer Kumulation des Mittels kommt (Dies kann ein erster Hinweis auf eine Genanomalie sein.).

Besonders beachtet wird der CYP2D6-Polymorphismus in der Psychiatrie,[2] da sehr viele Psychopharmaka über CYP2D6 verstoffwechselt werden. Hier zeigt sich eine Zunahme von psychopharmaka-typischen Nebenwirkungen bei verminderter „genetischer Metabolisierungskapazität“.[2]

Werden zwei Substrate des CYP2D6-Enzyms als Medikamente eingenommen, kann es dann zu einer gefährlichen Konkurrenzsituation[2] kommen. Durch gegenseitige Hemmung oder Induktion ist die Gesamtwirkung der Therapie schwer abzuschätzen. Bekannt ist etwa, dass einige Neuroleptika den enzymatischen Abbau von trizyklischen Antidepressiva stark behindern.[2] Für beide Medikamente muss daher eine Dosisanpassung erfolgen; für 32 Antidepressiva gibt es hierfür Empfehlungen.[2]

Auch in der Kardiologie kann es Probleme geben, da fast alle Betablocker und mehrere Antiarrhythmika ganz (Mexiletin, Flecainid) oder zumindest teilweise (Lidocain, Propafenon, Carvedilol) von CYP2D6 verstoffwechselt werden (die Antiarrhythmica-Klassen IA, III und IV sind nicht betroffen). Falls eine Betablockade erforderlich ist, bietet sich hierfür Bisoprolol an, das von CYP3A4 abgebaut wird und daher auch bei ultraschnellen Metabolisierern verwendet wird.

Bei Substanzen, die als Prodrug verabreicht werden, zeigt sich eine verspätete beziehungsweise abgeschwächte Wirkung des Medikaments, falls die Aktivität des Enzyms vermindert ist. Eine Therapie bei Poor Metabolizern ist daher nicht sinnvoll.

Bedeutung als diagnostischer Marker

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Das Vorhandensein von Antikörpern gegen CYP2D6 ist, nach Ausschluss einer viralen Hepatitis, das charakteristische Merkmal einer Autoimmunhepatitis vom Typ-2. Diese werden auch als LKM-1 bezeichnet.[13]

Einzelnachweise

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  1. CYP2D6 cytochrome P450, family 2, subfamily D, polypeptide 6. National Institute of Health, USA. Abgerufen am 16. November 2020.
  2. a b c d e f g h i j k M. Hersberger, K. M. Rentsch: Cytochrom P450 2D6: vom Genotyp zur Dosis-Anpassung. (pdf) Schweiz Med Forum, 27. November 2002, S. 1158–1161, abgerufen am 9. Juli 2024.
  3. Birgit Busse: Cytochrom P450 2D6 (CYP2D6) [T88.7]. Zentrum für Humangenetik und Laboratoriumsmedizin, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. April 2013; abgerufen am 26. September 2015.
  4. a b c d e f g h i j k l m n o Flockhart DA. Drug Interactions: Cytochrome P450 Drug Interaction Table. Indiana University School of Medicine (2007).drug-interactions.medicine.iu.edu, Main Table (= Tabelle mit englischen Generika-Namen). (Flockhart fasst die Enzyme CYP3A4, CYP3A5 und CYP3A7 zum Sammelnamen „CYP3A457“ zusammen). Bei Anklicken einzelner Substrate klappt (falls vorhanden) eine Literaturliste, außerdem eine Liste von Induktoren („inducers“) und Inhibitoren („inhibitors“) auf. In den USA nicht zugelassene Arzneistoffe sind nicht erfasst. Auch neuere Pharmaka können fehlen (wie z. B. Dapoxetin). (Abgerufen am 14. November 2020.)
  5. a b c d e f g h i j k l m n o Kaja M. Konieczny, Paul Dorian: Clinically Important Drug–Drug Interactions Between Antiarrhythmic Drugs and Anticoagulants. In: Journal of Innovation in Cardiac Management 10, 3 (März 2019), S. 352–355. PMC 7252850 (freier Volltext)
  6. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb bc bd be bf bg bh bi bj bk Otto Benkert, Hanns Hippius: Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie. 5., vollst. überarb. u. erw. Auflage. 1. korr. Nachdruck. Springer, Heidelberg 2005, ISBN 3-540-21893-9.
  7. a b CYP3A457 = CYP3A4, CYP3A5 und CYP3A7
  8. Silvia Lemmen, Stefan Weiler: Extrapyramidale Symptome unter Metoclopramid. In: Swiss Medical Forum 18, 10 (7. März 2018). medicalforum.ch. Abgerufen am 13. November 2020.
  9. Keith A. Candiotti et al.: The Impact of Pharmacogenomics on Postoperative Nausea and Vomiting: Do CYP2D6 Allele Copy Number and Polymorphisms Affect the Success or Failure of Ondansetron Prophylaxis? In: Anaesthesiology 102, 3 (März 2005), S. 543–549. [1]
  10. Anzemet Tablets (Dolasetron) Drug Information. [2]. Abgerufen am 6. Januar 2021.
  11. Stephanie Röhm, Andreas Stürer, Jörg Pietsch, Stephanie Läer: Dextromethorphan – ein harmloses Hustenmittel? In: Deutsche Apotheker Zeitung. Nr. 31, 2007, S. 42 (online – freier Volltext).
  12. Ursula Goldmann-Posch: Welcher CYP2D6-Typ sind Sie? Neue Erkenntnisse zur Wirkung und Nicht-Wirkung von Tamoxifen. (Memento vom 5. März 2017 im Internet Archive) Mamazone.de, Frauen und Forschung gegen Brustkrebs e. V.
  13. Michael P. Manns, K. J. Griffin, K. F. Sullivan, E. F. Johnson: LKM-1 autoantibodies recognize a short linear sequence in P450IID6, a cytochrome P-450 monooxygenase. In: Journal of Clinical Investigation. Band 88, Nr. 4, Oktober 1991, S. 1370–1378, doi:10.1172/JCI115443, PMC 295608 (freier Volltext).