Gustav Kirstein

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Gustav Kirstein (geboren am 24. Februar 1870 in Berlin; gestorben am 14. Februar 1934 in Leipzig) war ein deutscher Verleger, Schriftsteller und Kunstsammler jüdischer Abstammung.

Kirstein war der Sohn des Mediziners Moritz Kirstein. Er studierte zunächst Pharmazie, schloss das Studium mit einem Examen ab, arbeitete ein Jahr lang als Apothekengehilfe und wandte sich dann dem Verlagsbuchhandel zu.[1] Später arbeitete er für den Verlag E. A. Seemann, dessen Teilhaber er am 1. Oktober 1899 wurde. Später war er zunächst Geschäftsführer des Verlages. 1923 wurde der Sohn Ernst Arthur Elert Heinrich Seemanns, Elert Seemann (1892–1989), als Teilhaber in die Geschäftsleitung des Verlags aufgenommen. Dieser hatte sich frühzeitig der NSDAP angeschlossen. Nach dem Erstarken der Nationalsozialisten wurde Kirstein von Seemann gedrängt, den Verlag Ende Juni 1933 zu verlassen. Er wurde am 1. Juli des Jahres dem Verlag „Seemann & Co“ in Leipzig zugeteilt, der Kunstblätter herausgab. Als er 1934 starb, übernahm seine Ehefrau die Leitung des Verlages bis zu dessen Schließung 1938. Kirstein war von Mai 1912 bis Anfang des Jahres 1930 Vorsitzender des „Leipziger Bibliophilen-Abends“.[2] Gemeinsam mit seiner Ehefrau Cläre „Clara“ Therese (geborene Stein, 18. Mai 1885 bis 1939) betätigte er sich auch als Kunstsammler. Ihre gesamte Sammlung wurde 1939 von der Gestapo beschlagnahmt und einem Kunsthändler übergeben.[3] Von beiden Eheleuten heißt es, sie hätten sich selbst das Leben genommen.

Kirstein war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift Der Kunstmarkt (1904–1926) und der „Dehmel-Gesellschaft“ sowie Inhaber der Leipziger Klischeeanstalt „Kirstein & Co.“ beziehungsweise „Wendler, Kirstein & Co.“, deren Geschäftsstelle sich in der Hospitalstr. 11a in Leipzig befand. Er verfasste für den Börsenverein der Deutschen Buchhändler Schriften zum Urheberrecht. Seit Mai 1904 war er zudem Mitglied im Deutschen Buchgewerbeverein.[4] Kirstein setzte sich in der Frage des Urheberrechts in den Jahren ab 1927 aktiv für die Beibehaltung der 30-jährigen Schutzfrist für Literatur ein und führte dafür sogar eine Unterschriftensammlung durch, für die mehr als 800 namhafte Persönlichkeiten ihre Unterschriften gaben.[5] 1933 wurde er gezwungen, alle öffentlichen Ämter aufzugeben.

Kirstein wurde am 26. Juni 1922[6] von der Technischen Hochschule Aachen „in Anerkennung seiner Verdienste um die Verbreitung und Vertiefung kunstgeschichtlicher Forschung, die er als Verleger wie als Herausgeber und Leiter kunsthistorischer Zeitschriften, endlich als Verfasser von Schriften über Kunst sich erworben hat“, zum Ehrendoktor ernannt.[7]

Stolpersteine in Leipzig

Aus der Ehe Kirstein gingen zwei Töchter hervor, die frühzeitig aus Deutschland auswanderten.

  • Gabriele (* 1905)
  • Marianne (* 1907)

Thekla Kirstein ist eine Nichte, an die die zwei Bilder Die Lautenspielerin von Max Klinger und Walchensee, Johannisnacht von Lovis Corinth zurückgegeben wurden.[8]

Schriften (Auswahl)

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  • Max Liebermann zum 60. Geburtstage. In: Zeitschrift für bildende Kunst. Neue Folge, 18. Jahrgang. E.A. Seemann, Leipzig 1907, S. 237 (Textarchiv – Internet Archive – Mit 15 Abbildungen).
  • Neuere Arbeiten von Georg Kolbe. In: Zeitschrift für bildende Kunst. E. A. Seemann, Leipzig 1908, S. 199 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Das Leben Adolph Menzels. E. A. Seemann, Leipzig 1919 (archive.org).
  • Zur Frage „30 oder 50 Jahre“ Aufruf für Beibehaltung der 30-jährigen Schutzfrist [Betreffend Schutzfrist für Werke der Literatur]. Leipzig 1930.
  • Die Verhandlungen über den Urheberrechtsschutz zwischen Deutschland und der U.d.S.S.R. Börsenverein der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1931, DNB 574323686.

Als Herausgeber

  • Hans Thoma: zehn farbige Wiedergaben seiner Gemälde (= E. A. Seemanns Künstlermappen. Band 2). E.A. Seemann, Leipzig 1909.
  • Die Welt Max Klingers. Mit Zustimmung Max Klingers herausgegeben und eingeleitet von Gustav Kirstein. Walter Tiemann zeichnete den Umschlag. Furche, Berlin 1917 (archive.org).
  • Max Klinger : sechs farbige Wiedergaben seiner Werke. Mit einer Einführung von Gustav Kirstein (= E. A. Seemanns Künstlermappen. Band 18). E.A. Seemann, Leipzig 1921 (archive.org).
  • Richard Dehmel: Tagebuch 1893–1894. Hrsg.: mit Walter Tiemann, E. R. Weiss (= Drucke der Dehmel-Gesellschaft. Nr. 1). Staatliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, Leipzig 1921, OCLC 162756345 (sowohl als Handschrift als auch in der Schriftart: Walbaum-Antiqua).
  • Richard Dehmel: Mein Leben. Hrsg.: mit Alfred Mombert, Robert Petsch (= Drucke der Dehmel-Gesellschaft. Nr. 2). Dehmel-Gesellschaft, Leipzig 1922, OCLC 654273607.
  • Walter Tiemann: Der Verleger von Morgen, wie wir ihn wünschen. Verlag der Freunde Kirsteins, Leipzig 1930 (Zum 60. Geburtstage von Gustav Kirstein).
  • Rudolf Vierhaus: Kirstein, Gustav, Verleger. Band 5: Hitz – Kozub. Walter de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 3-11-094653-X, S. 651.
  • Raubkunst: Peinliche Verzögerungen. In: Der Spiegel. Nr. 40, 2000 (online).
  • Michael Anton: Illegaler Kulturgüterverkehr. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-89949-723-6, S. 726 (books.google.de – Leseprobe).
  • Christoph Links: E. A. Seemann Buch- und Kunstverlag, Leipzig. In: Das Schicksal der DDR-Verlage. Die Privatisierung und ihre Konsequenzen. Ch. Links Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-86284-256-8, S. 160 (books.google.de – Leseprobe).
  • Kirstein, Gustav. In: Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 194.
  • Geschäfts- und Gesellschaftsverträge zwischen E. A. Seemann und Gustav Kirstein („Am 1. Juli 1933 wurde der Gesellschaftsvertrag zwischen Elert Seemann und Gustav Kirstein für das Unternehmen E. A. Seemann gelöst. Letzterer musste die Firma verlassen und wurde mit dem Verlag Seemann & Co., der auf den Druck von Kunstblättern spezialisiert war, abgefunden.“ – archiv.sachsen.de)
  • Stolpersteine Leipzig: Cläre und Gustav Kirstein (Trufanowstraße 8)
  • Schriften von Kirstein, Gustav in der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • Literatur von und über Gustav Kirstein in der Sächsischen Bibliografie

Einzelnachweise

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  1. Georg Urdang: Der Apotheker als Subjekt und Objekt der Literatur. Springer, Berlin 1926, DNB 578680904, S. 15–16 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Peter Neumann: Leipziger Bibliophilen-Abend. In: Lexikon des gesamten Buchwesens. Stuttgart 2017 (brillonline.com).
  3. 70 Jahre Unrecht: Sammlung zurück. In: Die Welt Online. 26. September 2000 (welt.de).
  4. In den Deutschen Buchgewerbeverein zu Leipzig wurden im Monat Mai 1904 aufgenommen. In: Archiv für Buchgewerbe. Band 41, Teil 1, Heft 5. Verlag des Deutschen Buchgewerbevereins, Leipzig Mai 1904, S. 169 (Textarchiv – Internet Archive).
  5. Ernst Fischer, Stephan Füssel: Dreißig oder fünfzig Jahre? Die Schutzfristdebatte. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2, Teil 1: Die Weimarer Republik 1918–1933. K. G. Saur, München 2007, ISBN 978-3-598-24808-5, S. 88–90 (books.google.de – Leseprobe).
  6. Ehrenpromotionen Januar 1921 – November 1922 (Forts.v.340). Hochschularchiv der RWTH Aachen, abgerufen am 25. Februar 2020.
  7. Imprimatur: Ein Jahrbuch Für Bücherfreunde. Band 18. Verlag der Gesellschaft der Bibliophilen, 2003, S. 295
  8. Von Nazis geraubt. Nach 61 Jahren kehrt dieses Bild nach Hause zurück. In: Berliner Zeitung. 24. September 2000 (bz-berlin.de).