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ADB:Karl Alexander

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Artikel „Karl Alexander, regierender Herzog von Würtemberg“ von Paul Friedrich von Stälin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 366–372, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_Alexander&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 02:04 Uhr UTC)
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Karl Alexander, regierender Herzog von Würtemberg, geboren den 24. Januar 1684, † den 12. März 1737, Sohn des Herzog-Administrators Friedrich Karl von der Winnenthaler Linie des würtembergischen Hauses und der Prinzessin Eleonore Juliane von Brandenburg-Ansbach. Schon am 21. Juni 1697 erhielt er, kaum 13jährig, während des sogen. zweiten Coalitionskrieges von Kaiser Leopold I. ein Patent als Oberst über das Regiment zu Fuß, welches sein Vater bis dahin innegehabt, und betheiligte sich an den Operationen der unter dem Oberbefehl des Markgrafen Ludwig von Baden am Oberrhein gegen Frankreich aufgestellten Armee, speziell an der Belagerung Ebernburgs in der Pfalz. Nachdem am 26. Septbr. in Folge des Bombardements eine verheerende Feuersbrunst in der Stadt ausgebrochen, hatte er gerade das Commando in den Tranchéen, als der Befehlshaber des Platzes, Tarcy, am folgenden Tage sich zur Capitulation gezwungen sah. Der Prinz schloß diese, wie wenigstens versichert wird, selbständig ab und besetzte Tags darauf die Festung. Im folgenden Jahre that er sich unter dem Oberbefehl des Prinzen Eugen von Savoyen im Treffen gegen die Türken bei Temesvar (19. September) rühmlich hervor. Reichliche Gelegenheit, seine kriegerische Tüchtigkeit zu erproben, erhielt er im spanischen Erbfolgekriege (1701–13), welchen er, am 4. Mai 1702 zum Oberstfeldwachtmeister ernannt, während seiner ganzen Dauer mitmachte. Bei der 14wöchentlichen Belagerung Landaus unter dem Commando des Markgrafen Ludwig erstürmte er in der Nacht vom 26./27. August 1702 mit einer Abtheilung Grenadiere den Waffenplatz der französischen Contregarde; es wurde ihm am 15. October von dem römischen König Joseph im Namen seines Vaters durch ein eigenhändiges Schreiben wegen seiner „Generosität und tapferen Valor“ gedankt und bezeugt, er habe durch seine Leistungen viel zur Eroberung der Festung beigetragen und sich dadurch bei der „werthen Posterität“ einen unsterblichen Namen gemacht. Im J. 1704 nöthigte er am 23. Februar den französischen Generallieutenant Blainville zur Räumung Munderkingens an der Donau, erhielt in dem blutigen Treffen des 2. Juli, als Marlborough und der [367] Markgraf Ludwig den Schellenberg bei Donauwörth erstürmten, einen Schuß in den Schenkel und betheiligte sich an der Eroberung Ulms (11. September) und Landaus (23. November). Im folgenden Jahre machte er unter Prinz Eugen den italienischen Feldzug mit, befehligte in der Schlacht von Cassano am 16. August in der Mitte des ersten Treffens, erhielt hier jedoch eine Fußwunde, die ihm bis an seinen Tod viele Schmerzen und Beschwerden machte. Im Juli 1706 half er dem Prinzen die Franzosen aus ihren Verschanzungen am Etschfluß vertreiben, befehligte in der Schlacht von Turin (7. September) den linken Flügel des ersten Treffens und drang kurz nach Eugen selbst mit dem kaiserlichen Fußvolk in die feindlichen Verschanzungen ein. Auch den Einfall in die Provence und die vergebliche Belagerung von Toulon im J. 1707 machte er mit und begleitete den Prinzen im folgenden Jahre in die Niederlande, wo er nun verschiedenen Kämpfen, Belagerungen und Eroberungen anwohnte. Nachdem er inzwischen zum Feldmarschalllieutenant (1705) und Oberstfeldzeugmeister (1708) vorgerückt, wurde er am 12. März 1709 vom Kaiser Joseph I. „in Ansehung seines für das gemeine Wesen erwiesenen Eifers in Schlachten und Belagerungen und dabei zu unauslöschlicher höchst rühmlicher Bezeugniß dessen stand- und herzhaften An- und Aufführung empfangenen harten Blessur und insonderheit wegen beiwohnender Kriegserfahrung“ zum Gouverneur von Landau ernannt. In dieser Stellung versuchte er im August des Jahres 1712 in Verbindung mit dem regierenden Herzog Eberhard Ludwig von Würtemberg einen Angriff auf die Weissenburger Linien, in die er vom Rücken her eindringen sollte, allein nachdem alles gut vor sich gegangen war, versetzte das Geräusch zweier anschlagenden Hunde seine fünf Bataillone in einen panischen Schrecken. Der Prinz mit seinen Offizieren warf sich mit dem Degen in der Faust den Fliehenden entgegen, allein erst die in geschlossenen Reihen anrückende Cavallerie brachte dieselben zum Stehen. Als die Franzosen unter Marschall Villars in der Nacht vom 24./25. Juni 1713 die Laufgräben gegen Landau eröffneten, trat für ihn eine herbe, jedoch würdig bestandene Prüfung ein, indem der Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee, Prinz Eugen, einen Ersatz der Festung zu versuchen für unthunlich hielt und nur ein möglichst langes Aushalten der Belagerung wünschte. Karl Alexander fügte den Franzosen in wiederholten Ausfällen, sowie durch ein fast ununterbrochenes Geschützfeuer beträchtlichen Schaden zu, legte eine außerordentlich große Anzahl von Minen an – auch ein neu errichtetes Fort erhielt seinen Namen – und zwang dadurch den Feind, zeitraubende Gegenarbeiten auszuführen. Allein es fehlte nicht nur an Geld, ein Umstand, dem der Prinz dadurch abzuhelfen suchte, daß er sein Silbergeschirr einschmelzen und daraus Gulden- und Halbguldenstücke prägen ließ, sondern namentlich auch an Pulver und brauchbaren Feuergewehren, es wurden allmählich mehrere Außenwerke weggenommen, welche der Festung als Schutzmittel dienten, und schließlich lagen die Wälle dergestalt in Schutt, daß Villars Anstalten zum Sturm machte. Diesen glaubte der Prinz nicht mehr abwehren zu können, und erklärte sich am 19. August zur Capitulation bereit, wollte jedoch die Besatzung nicht kriegsgefangen ergeben. Allein Villars bestand darauf und so mußte sich der Prinz am 20. d. M. fügen. Die Garnison kam nach Hagenau, die Offiziere durften mit ihren Habseligkeiten unter der Bedingung, daß sie innerhalb drei Jahren nicht gegen Frankreich dienen, abziehen und K. A. selbst erhielt die Erlaubniß, sich zu Prinz Eugen zu begeben und ihm Rechenschaft abzulegen. In der That befriedigte er den letzteren völlig. Den größten Ruhm erwarb K. A. im Türkenkriege, der 1716–1718 unter dem Oberbefehl des Prinzen Eugen stattfand. Bei dem großen Sieg von Peterwardein am 5. August 1716 begann er mit 6 Bataillonen erfolgreich den Angriff und wurde vom Prinzen dem Kaiser wegen [368] seiner Verdienste besonders gerühmt; bei der Erstürmung der großen Planke der Festung Temeswar am 1. October, an welche sich bald die Capitulation der Festung anschloß, erhielt er den Oberbefehl über die zu dieser Action bestimmten 30 Bataillone, 30 Grenadiercompagnien und 2000 Arbeiter. Im folgenden Jahre befehligte er nunmehr als kaiserlicher Generalfeldmarschall bei dem glänzenden Sieg vor Belgrad am 16. August die das Centrum bildende Infanterie. Nach dem Frieden von Passarowitz erhielt er im J. 1719 durch Verwendung Eugen’s, „auf daß ihm in seiner mittellosen Lage etwas geholfen werde“, die Statthalterschaft über Belgrad und das Königreich Serbien, welche er mit dem Sitz zu Belgrad bis zu seinem Regierungsantritt in Württemberg bekleidete. Es wird ihm aus dieser Zeit besonders Förderung des früher vernachlässigten Anbaus des Landes nachgerühmt. Auch die Würde eines kaiserlichen Geheimenraths und der Orden des Goldenen Vließes wurden ihm zur Belohnung. Die vorzugsweise kriegerische Laufbahn, während der er vielfache Lorbeeren um seine Stirne gewunden, überhaupt die erste Periode seines Lebens, welche er in fremden Diensten, besonders kaiserlichen Kriegsdiensten, zubrachte, war damit zu Ende. Sein großer Oberbefehlshaber, Prinz Eugen, hatte ihn hochgeschätzt, und er selbst bei jeder Gelegenheit unerschrockenen Sinn und glänzende Bravour an den Tag gelegt, ob er jedoch als selbständiger Feldherr in derselben Weise geglänzt haben würde, wurde von mancher Seite bezweifelt. – Weniger ruhmvoll und glücklich gestaltete sich die zweite Hälfte seines Lebens, seine kurze herzogliche Regierung in Würtemberg (1733–1737). Herzog Eberhard Ludwig von Würtemberg, mit welchem er in früherer Zeit nicht selten gemeinschaftlich gekämpft, das letzte regierende Glied der Stuttgarter oder Hauptlinie des Herzogshauses, verlor seinen einzigen Sohn, den Erbprinzen Ludwig Friedrich, bereits am 23. November 1731 und folgte demselben am 31. October 1733 im Tode, worauf das Recht der Nachfolge gemäß der Erbordnung des Hauses K. A. zustand. Nun war es für das ausschließlich evangelische Land und insbesondere die sehr einflußreiche Geistlichkeit ein großer Stein des Anstoßes, daß der Prinz bereits im J. 1712 oder 1713, zu einer Zeit, wo seine Aussicht auf den heimathlichen Fürstenthron noch sehr entfernt war, zur katholischen Religion übergetreten war. (Das genauere Datum des Uebertritts ließ sich auch aus den Registern der kaiserlichen Hofcapelle zu Wien, in welcher derselbe erfolgt sein soll, nicht erheben und die bisweilen aufgestellte Behauptung, K. A. sei der Prinz des Schillerischen Geistersehers, ermangelt weiterer geschichtlicher Anhaltspunkte.) Wie er in seinem Testamente sagt, hatte er diesen Schritt in gründlicher Erkenntniß der untrüglichen Wahrheit des christkatholischen Glaubens wohlbedächtig ohne Nebenrücksicht gethan, allein an entsprechender Bearbeitung des Prinzen durch die in Oesterreich damals so mächtige Geistlichkeit, insbesondere die Jesuiten, hat es sicher nicht gefehlt, und vortheilhaft war der Schritt für seine Stellung im kaiserlichen Dienste jedenfalls. Die würtembergische Landschaft, welche sich übrigens nicht wohl allein und durchaus von der Sorge für das Wohl des Landes, sondern auch von eigennützigen Motiven leiten ließ, von dem zur Genüge bekannten Selbständigkeitssinn des Herzogs für ihre eigenen Herrschaftsgelüste fürchtete, zum Theil auch die höheren Beamten, dachten sogar daran, einem jüngeren Bruder des Prinzen, Heinrich Friedrich, die Herrschaft zuzuwenden, allein der Prinz bewog letzteren, von allen derartigen Gedanken abzustehen und gab schon von Belgrad aus am 28. November 1729 eine schriftliche Erklärung, worin er der Landschaft alle Privilegien bestätigte, namentlich aber die strenge Einhaltung der Religions- und Friedensschlüsse und die durchaus ungekränkte Aufrechterhaltung der evangelischen Religion gelobte. Aehnliche noch bestimmtere und stärkere Zusicherungen gab er später wiederholt, so am 16. December 1732, 28. Februar und 17. December [369] 1733 (die sog. Religionsreversalien). Außer der Hofcapelle sollte nicht der allergeringste Actus eines katholischen Gottesdienstes im Lande gehalten werden und die Besorgung aller die evangelische Religion, das Kirchen- und dahin einschlagende Oeconomie- und Polizeiwesen betreffenden Angelegenheiten wurde den 27. März 1734 allein und ohne Anfrage an ihn dem geheimen Rathe übertragen, dessen Präsident stets evangelisch zu sein hatte. So empfing der neue Herzog am 27. Januar 1734 die Huldigung zu Stuttgart, wohin er den Hof und die Kanzlei wiederum von Ludwigsburg verlegte. Die erste Thätigkeit der neuen Regierung – Gerechtigkeitssinn war an sich eine der Haupttugenden des Herzogs – bestand in der Untersuchung und theilweisen Bestrafung der unter Herzog Eberhard Ludwig so mächtigen und für das Land verderblichen Grävenitzischen Partei, d. h. der gewesenen Maitresse dieses Herzogs, Christiane Wilhelmine von Grävenitz, verehlichten Gräfin von Würben (Bd. V, S. 561 ff.), ihrer Familie und Anhänger. Doch ermöglichte der Verlauf der Untersuchung energisches Vorgehen nur gegen die Grävenitz selbst, welche das Gericht wegen ihrer mannigfachen Vergehen, insbesondere auch Mordanschlägen auf die Gemahlin des verstorbenen Herzogs, sogar zum Tode verurtheilte, und gegen ihren Bruder, den gewesenen Premierminister und Oberhofmarschall von Grävenitz. Beide wußten es übrigens nach längeren Verhandlungen, zumal da die Grävenitz in Wien und Berlin sich Freunde verschafft hatte, zu Vergleichen zu bringen, kraft deren sie, freilich nicht ohne einige Entschädigung, auf ihr sämmtliches im Lande befindliches Vermögen Verzicht leisteten. Mehr als diese langwierige Verhandlung entsprach dem Sinne des Herzogs die Betheiligung an dem Krieg, welcher aus Anlaß der polnischen Königswahl im J. 1734 zwischen Oesterreich, beziehungsweise dem deutschen Reich und Frankreich losbrach. Bereits auf der Herausreise von Belgrad hatte er zu Wien am 23. December 1733 mit dem Kaiser Karl VI. einen Unionsvertrag abgeschlossen, kraft dessen er eine Anzahl würtembergischer Truppen in kaiserlichen Sold überließ, den 14. Januar 1734 die Würde eines Feldmarschalls des schwäbischen Kreises und den 21. Mai d. J. diejenige eines Reichs-General-Feldmarschalls erhalten. Er begann nun mit vielem Eifer Kriegsrüstungen: sorgte für die Sicherheit des Landes durch Schanzen und Verhaue, Vergrößerung und Ausbesserung älterer Festungen, Verstärkung der Aushebungen, in deren Interesse die Heirathserlaubniß beschränkt wurde, u. dgl. So konnte er mit einer ansehnlichen, wohlgerüsteten Truppenschaar an den Rhein in’s Feld ziehen und trat wieder unter den Oberbefehl seines jetzt freilich sehr gealterten Gönners, des Prinzen Eugen. Zweimal führte er für letzteren das Commando über die gesammte Rheinarmee, also der Prinz im Herbst 1734 und 1735 nach Wien zurückkehrte, doch kam es im ganzen Kriege, – abgesehen von der Eroberung Philippsburgs durch die Franzosen – zu keinem bedeutenderen Zusammenstoß und Würtemberg selbst blieb besonders durch das Verdienst seines Herzogs von den Drangsalen des Kriegs fast ganz verschont. Nun aber fiel K. A., der, wie bereits Prinz Eugen erkannt hatte, kein scharfer Menschenkenner war und leicht die Beute anderer werden konnte, in die Hände des Juden Süß Oppenheimer (geb. 1692 zu Heidelberg). Derselbe hatte ihm schon früher in Geldverlegenheiten ausgeholfen und sich bei ihm durch große Geschmeidigkeit sowie durch den Eifer und die Bereitwilligkeit, womit er – stets auf seinen eigenen Vortheil bedacht – anscheinend die Pläne des Herzogs beförderte, empfohlen. Der Letztere hatte ihn nach seinem Regierungsantritt zunächst zum würtembergischen Residenten in Frankfurt bestellt, berief ihn aber bald als Cabinetsfactor, später mit dem Titel eines Geheimen Finanzraths nach Stuttgart. Hier wußte Süß rasch eine beträchtliche Anzahl von Helfern und Spießgesellen um sich zu vereinigen, unter denen der Expeditionsrath und Waisenhauspfleger [370] Hallwachs, die Regierungsräthe Bühler und Mez die vorzüglichsten waren. Diese Genossenschaft bemächtigte sich des Herzogs vollständig und verdrängte die übrigen Beamten und Diener, die sie unausgesetzt anschwärzte, ganz aus seinem Vertrauen. Es gelang ihr dies um so leichter, als der Herzog in seiner kriegerischen Laufbahn sich an die Forderung strenger Unterordnung gewöhnt hatte, von den württembergischen Verhältnissen im Allgemeinen und insbesondere von dem eigenartigen Verfassungsleben wohl nicht die genügende Kenntniß hatte, auch von den bereits erwähnten unangenehmen Beziehungen zur Landschaft und zu Mitgliedern der höheren Regierungscollegien, sowie von seinen längere Zeit vergeblich geführten Verhandlungen über die Erhöhung der würtembergischen Truppenmacht her auf die Landstände und die Collegien erbittert war und stets Eigennutz und Böswilligkeit argwohnte. Mit reicher Erfindungsgabe wußte Süß die pecuniären Bedürfnisse des zumal bei dem schlechten finanziellen Zustande des Landes geldbedürftigen Herzogs zu befriedigen und alle Vorschläge und Entwürfe so einzurichten, daß es schien, als ob des Herzogs und des Landes Wohl dadurch befördert werde, während der Haupterfolg seine Bereicherung war und auch seine Genossen nicht leer ausgingen. Zuerst wurde, wie übrigens damals auch sonst in Süddeutschland begonnen worden war, schlechtes Geld (über 11 Millionen Gulden) geprägt. Als Klagen beim kaiserlichen Hofe und beim Reichstage zur Herabsetzung der schlechten Münzen führten, dienten die Generallandescommissionen, die der Herzog angeordnet hatte, um die Beschwerden der Unterthanen und die von der vorigen Regierung her noch vorhandenen Gebrechen zu heben, als Finanzquelle, indem jetzt nicht mehr die wirkliche Untersuchung etwaiger Mißbräuche und Vergehen der Zweck war, sondern, selbst auf falsche Zeugnisse hin, unausgesetzt Untersuchungen eingeleitet wurden, deren Erfolg eben immer eine Geldstrafe war, andererseits durch Zahlungen die wirklich Schuldigen Untersuchungen entgingen. Der Verkauf von Diensten und Titeln, Dispensationen aller Art, Gewerbs-, Handels- und anderen Privilegien wurde durch ein Gratialamt schwunghaft betrieben, durch ein Fiscalamt fielen alle Rechtssachen unter dem Vorwande des fiscalischen Interesses dem Juden und seinen Creaturen anheim; nach Einrichtung einer Pupillenkasse mußten alle Waisengüter im Lande verkauft und der Erlös in diese Kasse eingelegt werden, worauf die Einlagen zu 4 Procent verzinst und nach erlangter Volljährigkeit nur mit mancherlei Abzügen zurückerstattet wurden. Diese Pupillenkasse mußte freilich in Folge einer Vorstellung der Landschaft bald wieder aufgehoben werden und auch der Versuch, eine allgemeine Schutz-, Vermögens- und Familiensteuer einzuführen, scheiterte. Allein noch eine große Reihe anderer Geldquellen wußte Süß bald durch List, bald durch Drohungen flüssig zu machen, so daß er dem Herzog in nicht ganz zwei Jahren 500 000 Gulden, sich selbst aber noch viel mehr Geld verschaffte, wie ihm denn z. B. sein Juwelenhandel allein innerhalb weniger Jahre über 200 000 Gulden eintrug. Er wurde immer üppiger – namentlich auch zur Befriedigung seiner Wollust scheute er kein Mittel und vernichtete das Glück mancher Familien –, gewaltthätiger und übermüthiger, der Herzog aber, mochte er auch seine Schlechtigkeit allmählich dann und wann erkennen und öfters gegen ihn aufbrausen, ließ nicht von dem Manne, der sich ihm immer wieder als uneigennützigen, treuergebenen und deshalb fälschlich angefeindeten Diener darzustellen wußte; erst in der letzten Zeit war allem nach sein Vertrauen zu Süß erschüttert und es drohte demselben die Verhaftung. Kein Wunder, daß es bei einer solchen Mißregierung zu großer Unzufriedenheit im Lande kam, wenngleich öffentliche Ausbrüche einer solchen dadurch unterdrückt wurden, daß Süß überall im Solde der Regierung stehende Aufseher und Aufpasser hielt. Auch gab es wiederholt unangenehme Verhandlungen mit dem ständischen Ausschuß, namentlich weil der [371] Herzog zum Zweck der größeren Sicherheit des Landes, wahrscheinlich aber auch nach seinem innersten Streben zum Zweck der Vergrößerung des Herzogthums durch Eroberungen, die Haltung einer ständigen größeren Truppenmacht anstrebte. Der Ausschuß zeigte sich nicht immer gewillt, den Forderungen des Herzogs zu entsprechen, brachte auch mehrmals, zum Theil nicht in der passendsten Form, Beschwerden vor, allein viel erreichte derselbe nicht, der Herzog wußte ihn einzuschüchtern, setzte schließlich namentlich die Gewährung der Erhöhung seiner Truppenmacht durch und fragte die Stände in manchen Fällen gar nicht mehr um ihre Einwilligung. Wohl aber wurde er immer erbitterter auf sie und sprach seinen Haß gegen sie im Kreise seiner stets schürenden Vertrauten öfters in starker Weise aus. Zu letzteren gehörte besonders der Generalwachtmeister Franz Joseph von Remchingen, ein erfahrener und dem Herzoge treuergebener Soldat, aber aufbrausend und gewaltthätig, prahlerisch und unbesonnen in seinen Reden. Er schimpfte öffentlich auf Beamte und Landstände, sowie auf den evangelischen Glauben, äußerte, man müsse eben das Landhaus mit Soldaten umringen und die widerspenstigen Mitglieder der Landschaft nebst etlichen Ministern und Räthen verhaften, dann werde es besser gehen, verkehrte viel mit einigen bischöflich würzburgischen Räthen und den Kapuzinern von Weilderstadt. Der Herzog selbst unterhielt lebhafte Beziehungen zu seinem alten vertrauten Freunde, dem Bischofe Friedrich Karl von Würzburg und Bamberg; schon nach seinem Testament vom J. 1735 sollte dieser letztere von der Vormundschaft bei wichtigen Fällen um Rath gefragt werden, und nach einem Codicill von 1736 und einem zweiten Testament von 1737 sogar förmlich Antheil an der Vormundschaft haben; nach einer zu Würzburg im J. 1736 für die Hofgeistlichen entworfenen Instruction sollten den Katholiken gleiche Rechte eingeräumt werden, wie den Evangelischen, die evangelische Kapelle zu Ludwigsburg wurde für den katholischen Gottesdienst hergerichtet, die katholische Hofgeistlichkeit umfassender organisirt, einige Kapuziner kamen ins Land, bei den Regimentern wurden Feldpatres zugelassen, der würzburgische Geheimrath Fichtel arbeitete im Auftrag des Herzogs eine Deduction aus, welche die Gültigkeit der alten Verträge über die Verfassung des Landes nicht mehr anerkannte, die Rechte der Landstände wesentlich beschränken wollte und dem Herzog wohlgefiel. Wie weit der letztere selbst in Bezug auf Aenderungen an der politischen und kirchlichen Verfassung gehen wollte, wieweit seine Vertrauten, besonders Remchingen, deren Correspondenz zum Theil abgefangen wurde, ihre Pläne als die herzoglichen hinstellten, ist nicht genügend aufgeklärt, im Lande selbst aber entstanden die beunruhigendsten, sicherlich übertriebenen Gerüchte über die von Seite des Herzogs geplante Umstürzung der kirchlichen und politischen Verfassung des Landes, von welcher man glaubte, sie werde während der Reise ins Werk gesetzt werden, die der Herzog am 13. März nach Würzburg und Danzig unternehmen wollte. Allein am 12. d. M. starb K. A. unerwartet schnell zu Ludwigsburg an einem Steckfluß, nicht ohne daß dieses rasche Ende in der aufgeregten Zeit der Volkssage Stoff zur Annahme eines unnatürlichen Todes gegeben hätte. Am 11. Mai fand die feierliche Bestattung in genanntem Orte statt. Zweitausend Krieger aller Waffengattungen erwiesen die letzte Ehre ihrem Genossen, der sich einst auf vielen Schlachtfeldern einen glänzenden Waffenruhm erworben, als Regent aber, ganz umstrickt von schlechten Rathgebern, auch die edlen und guten Eigenschaften seines Charakters – und an solchen hat es ihm nicht gefehlt – nicht verwerthet hatte. K. A., der Stifter der jetzt blühenden Linie des würtembergischen Hauses, war seit 1727 mit Maria Augusta von Thurn und Taxis vermählt, eine Ehe, welcher außer zwei frühverstorbenen Prinzen und einer Tochter, drei Söhne, Karl Eugen, Ludwig Eugen, [372] Friedrich Eugen entstammten, die nach einander als Herzoge in Würtemberg regierten.

Vrgl. namentlich J. U. Pregitzer, Württembergischer Cedernbaum, Stuttgart 1734. S. 23. [G. v. Renz,] Leben und Ende Herzog Karl Alexanders zu Würtemberg mit Beilagen im Patriotischen Archiv für Deutschland I, (1784) 105 ff. K. F. Dizinger, Beiträge zur Geschichte Württembergs und seines Regentenhauses zur Zeit der Regierung Herzog Karl Alexanders u. s. w. Heft 1–2. Tübingen u. Rottenburg 1834. K. Pfaff, Geschichte des Fürstenhauses und Landes Wirtemberg. Th. 3, Abth. 2. Stuttg. 1839; derselbe, Württembergisches Heldenbuch, Eßlingen 1840, S. 110–113. A. Arneth, Prinz Eugen von Savoyen, Bd. 1–3, Wien 1858. Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen, Serie I, Bd. 2 (1876) ff. C. von Noorden, Europäische Geschichte im 18. Jahrhundert I, 1. 2. (Dagegen war der handschriftlich vorgemerkte, amtlich bekannt gemachte Lebensabriß des Herzogs von dem Consistorialrath und Prälaten Knöbel nicht auffindbar.)